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Freitag, April 26, 2024
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    Neue Kriege, neue Waffen: Die Welt im Rüstungswettlauf

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    Eines muss man zugeben: In manchen Dingen steht Donald Trump zu seinem Wort. Ein Kommentar von Paul Gerber

    Zum Beispiel sieht es in den letzten Wochen so aus, als wolle der neue US-Präsident seinen militärischen Muskelspielen wirklich Taten folgen lassen: Er schießt mal eben 59 Raketen auf einen syrischen Luftwaffenstützpunkt, lässt seine Befehlshaber im Nahen Osten und Nordafrika von der Leine, auf dass sie selbstständige Militäroperationen durchführen, und hat Mitte April die größte, nicht-nukleare amerikanische Bombe über Afghanistan abwerfen lassen. Kurz gesagt – Trump tut, was sich momentan sicher viele Deutsche auch von der Bundesregierung wünschen würden: Hart durchgreifen.

    Allerdings werden Trumps Aktionen wohl kaum zum erwünschten „Sieg über den Terror“ führen. Einer Studie der Beobachtungsgruppe “Airwars” zufolge hat sich die Zahl der in Syrien und im Irak durch US-Luftschläge getöteten Zivilisten von Dezember 2016 (465) bis März 2017 (1754) fast vervierfacht. Und auch das ist ein Ergebnis von Trumps Politik: Der „Islamische Staat“ (IS) kann sich dadurch umso mehr als eine Kraft hinstellen, die den ausländischen Besatzern ernsthaften Widerstand entgegensetzt, und damit weitere Tausende verzweifelte Menschen rekrutieren.

    Abgesehen davon spricht vieles dagegen, dass Deutschland und die Bundeswehr sich in diesen Kriegen weiterhin vornehm zurückhalten werden, indem sie „nur“ ihre Verbündeten versorgen und ausbilden, Aufklärungsflüge durchführen und ihre Geheimdienste einsetzen. Am 1. Januar 2017 wurde zum Beispiel vom Bundestag beschlossen, den Paragrafen 80 aus dem Strafgesetzbuch zu streichen. In diesem Paragrafen wurde die Vorbereitung eines Angriffskrieges, „an dem die Bundesrepublik Deutschland beteiligt sein soll“, unter Freiheitsstrafe gestellt. Stattdessen wurde jetzt im Völkerstrafgesetzbuch ein neuer Paragraf eingeführt. Dort wird nun unter Strafe gestellt, einen Krieg vorzubereiten, der der Charta der Vereinten Nationen widerspricht. Im Endeffekt werden also Kriege nun endlich legal, solange sie – so wie schon in Jugoslawien oder Afghanistan – mit angeblichen oder tatsächlichen Menschenrechtsverletzungen legitimiert werden können.

    Alle NATO-Staaten haben sich verpflichtet, zukünftig zwei Prozent ihres Staatshaushalts in Militärausgaben fließen zu lassen. Mit immerhin 39 Milliarden Euro jährlich fehlen Deutschland zu diesem Ziel noch gute 25 Milliarden. Im Verteidigungsministerium strengt man sich aber ordentlich an; schon gegenüber 2016 wurde der Verteidigungshaushalt um acht Prozent aufgestockt.

    Der Grund: Die Bundeswehr kann im internationalen Vergleich momentan einfach nicht mithalten. Sie liegt, was ihre Feuerkraft, die Zahl ihrer Soldaten, ihrer Panzer und ihrer Flugzeugträger angeht, abgeschlagen hinter der mit Abstand mächtigsten Armee der Welt, der aus den USA. Aber auch Russland, China, die Türkei, Frankreich, Indien und Großbritannien übertreffen Deutschland in fast allen genannten Bereichen. Das soll sich nach dem Willen der Herrschenden ändern. Bis 2030 sind Investitionen von 130 Milliarden Euro für moderne und und schwere Waffensysteme wie Panzer, Kampfbomber und U-Boote geplant.

    All diese Maßnahmen geben der Rüstungsindustrie Anlass zum Jubel. Nimmt man aber all diese Tatsachen zusammen und betrachtet das Gesamtbild, gibt es nur eine Schlussfolgerung: Deutschland und andere große Mächte bereiten sich auf neue, mehr und blutigere Kriege vor. Die große Frage ist nur: Warum?

    Seit über hundert Jahren ist die Welt unter den mächtigsten kapitalistischen Nationen aufgeteilt. Einflusssphären, Absatzmärkte und Rohstoffquellen sind abgesteckt – in Form von ökonomischen und politischen Abhängigkeiten vieler Länder. Seit jeher tobt ein Kampf um die Aufteilung der Welt und daran hat sich bis heute nichts geändert. Der I. und II. Weltkrieg waren Punkte, an denen dieser Konflikt eskaliert ist, und auf die nächste Eskalation bereitet man sich gerade vor.
    Das Ganze spielt sich vor dem Hintergrund ab, dass China als neue, sehr starke Wirtschaftsmacht auf den Plan tritt und seinen Anteil an den Einflusszonen früher oder später auch offen beanspruchen wird. Vermutlich wird China dazu ein Bündnis mit seinem Nachbarn Russland eingehen. Gleichzeitig verlieren die USA immer mehr an wirtschaftlicher und militärischer Vormachtstellung. Die alten Großmächte wie die USA, England, Frankreich und Deutschland versuchen deshalb, sich auf neue Kämpfe vorzubereiten. Die Kriege der letzten Jahrzehnte im Nahen Osten waren keine Kriege gegen den Terror oder gegen den Islam. Es waren Kriege um die Kontrolle der Region und ihrer Rohstoffe. Sie werden einen strategischen Vorteil darstellen in einem möglichen Kampf gegen Russland und China.

    Die Bundesregierung selbst drückt das in ihrem neuen Grundsatzdokument, dem Weißbuch der Bundeswehr, etwas verschämt aus, wenn sie „Wohlstand unserer Bürgerinnen und Bürger durch Prosperität unserer Wirtschaft und freien sowie ungehinderten Welthandel“ als eines der wesentlichen politischen Ziele Deutschlands definiert. Freier Welthandel heißt dabei für sie, dass ihnen keine Konkurrenten in die Quere kommen sollen.

    Und wir? Was werden diese Kriege uns bringen? Die Arbeiterinnen und Arbeiter haben im Endeffekt noch von keinem Krieg ihrer Ausbeuter profitiert. Der I. und II. Weltkrieg, losgetreten von Deutschland, endeten mit Hunger, Armut und Millionen Toten. Die Kriege, die jetzt schon toben, nehmen den Menschen überall auf der Welt die Lebensgrundlage und zwingen sie zur Flucht. Auch der Terrorismus in Europa ist nur ein schwaches Echo des Elends, das „unsere Regierungen“ in anderen Ländern anrichten. Der Anteil ziviler Opfer wird im “modernen” Krieg immer größer. Eine amerikanische Forschergruppe kam im Juni 2014 bereits zum Ergebnis, dass in den Kriegen seit 1945 85-90% der Todesopfer Zivilisten waren. Wenn unsere Beherrscher Krieg führen, werden wir die Opfer sein, das muss uns klar sein und deswegen wird es für uns Zeit, uns gegen ihre Kriegspolitik zu wehren und zukünftige Kriege zu verhindern. Krieg beginnt hier, also lasst ihn uns hier beenden.

    • Paul Gerber schreibt von Anfang bei Perspektive mit. Perspektive bietet ihm die Möglichkeit, dem Propagandafeuerwerk der herrschenden Klasse in diesem Land vom Standpunkt der Arbeiter:innenklasse aus etwas entgegenzusetzen. Lebensmotto: "Ich suche nicht nach Fehlern, sondern nach Lösungen." (Henry Ford)

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