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Freitag, April 19, 2024
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    Nordkorea, das altbekannte Muster – Ein Kommentar von Pa Shan

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    Es ist das altbekannte Muster: Jeder Raketentest des nordkoreanischen Regimes wird – in den westlichen Medien – als Kriegserklärung an die gesamte westliche Welt gedeutet. Folglich drohe eine militärische Eskalation, die Nordkorea ganz allein provoziere. Natürlich wird Kim Jong-Un als blutrünstigem Diktator und irrem Waffennarren die Hauptschuld zugewiesen. Einfach nur Routine in Ostasien? Nein, die Lage ist dramatischer als gewohnt. Ein Kommentar von Pa Shan

    Die noch junge Trump-Administration drohte bereits mit einem Militärschlag, ähnlich dem in Syrien vor wenigen Wochen. Zugleich wirft sie der chinesischen Regierung vor, auf seinen koreanischen Verbündeten nicht mäßigend genug einzuwirken. China hatte Nordkorea zwar vor “strategischen Provokationen” gewarnt, aber verhindert diese keineswegs. Vielmehr nutzt der letzte Verbündete des ansonsten international isolierten Landes den Konflikt aus, um seine eigene Position geltend zu machen. Denn China ist weder an einem heißen Konflikt oder Zerfall Nordkoreas noch an einer friedlichen Lösung des Konflikts interessiert. Eine militärische Eskalation würde ein Wettrüsten und erhöhte US-Präsenz in der Region bedeuten, was völlig den Interessen Chinas widerspricht. Ein möglicher Zerfall des nordkoreanischen Staates würde zudem zu einer Situation wie in Syrien und einer unerwünschten Flüchtlingsbewegung nach China führen. Eine Lösung des Konflikts würde China wiederum eines diplomatischen Hebels gegenüber den geopolitischen Rivalen berauben. Das Land will auf seinem Weg zur neuen Supermacht selbst aufrüsten und ökonomisch erstarken. Dafür braucht es ein stabiles Nordkorea und keine verfrühte Eskalation in der Region.

    Nordkorea selbst ist ebenso wenig an einem Krieg interessiert. Es provoziert die kapitalistische “Weltgemeinschaft” aus einer Position der Schwäche. Mit Raketentests und aggressiver Rhetorik will es seine Karten gegenüber den anderen Akteuren in Ostasien verbessern. Die Imperialisten der USA, Japans und Südkoreas sollen in Schach gehalten und China zu größeren Hilfen genötigt werden. Ein Krieg würde das ohnehin schon extrem arme Land nur noch weiter in die Armut treiben. Machtdemonstrationen können seine Position hingegen stärken, sofern die USA und China sich auf das Spiel einlassen.

    Was die Motive der USA angeht, so sieht es ganz anders aus. Wenn jemand wirklich an einem heißen Konflikt in der Region interessiert ist, dann die militärische Supermacht. Der US-Imperialismus fürchtet den Aufstieg Chinas und ist bereits seit vielen Jahren im Niedergang begriffen. Eine erhöhte US-Militärpräsenz und ein Wettrüsten im Pazifik würden den USA am ehesten dienen, solange sie dem chinesischen Rivalen militärisch noch überlegen sind. Die amerikanische Rüstungsindustrie würde sich besonders freuen, den ostasiatischen Markt bedienen zu können. Außerdem könnte Trump seine anti-chinesische “Sprechkunst” mit der alten “Schurkenstaat”-Rhetorik Präsident Bushs gegen Nordkorea kombinieren, um sich nach den vielen Niederlagen in den ersten drei Monaten seiner Amtszeit innenpolitisch wieder mehr Rückhalt zu verschaffen.

    • Perspektive-Korrespondent, Chinaforscher, Filmliebhaber, Kampfsportler

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