In Magdeburg wurden und werden Kämpfe gegen Verdrängung aus proletarischen Stadtvierteln geführt. Aktuell ist das soziale Zentrum „Infoladen Magdeburg“ von Räumung bedroht. Dagegen wehren sich die Jugendlichen und ArbeiterInnen, die darin aktiv sind. Wir haben ein Interview mit einigen von ihnen geführt.
Ihr seid als Proletarische Autonomie Magdeburg im „Infoladen Magdeburg“ aktiv. Was kann man sich unter dem Infoladen vorstellen?
Der Infoladen ist ein Treffpunkt für Gruppen aus verschiedenen politischen Spektren aus der politischen Widerstandsbewegung, Menschen aus der Nachbarschaft, teilweise geflüchtete Menschen und im Moment vor allem Jugendliche.
Der Laden hatte in seinem Ursprung den Gedanken eines sozialen Zentrums, weshalb oft dieser Zusatz mit an den Namen geheftet wird. Die Idee ist im Laufe der Jahre mal besser mal schlechter umgesetzt worden. Es gab viele Höhen und Tiefen in seiner Geschichte. Er war mal mehr mal weniger gut besucht und das gleiche gilt auch für die Aktivitäten die vom Infoladen ausgingen und in ihm stattfanden. Der Laden und das Haus in der Alexander-Puschkin-Str. 20 waren des öfteren Ziel von faschistischen Überfällen und wurde nun am 23.1. zum 4. mal von der Polizei überfallen.
Trotz all der Probleme des Infoladen und der Fläche die das Haus im Laufe der Zeit eingebüßt hat, so waren 2 Wohnungen und der Dachboden besetzt und zu einer Wohnung für obdachlose Menschen, einer Werkstatt und einem Sportraum ausgebaut, werden weiterhin regelmäßige Angebote und Aktivitäten stattfinden. Der Sportraum zum Beispiel wurde in den Laden verlegt und wird von verschiedenen Menschen genutzt, außerdem gibt es jeden Mittwoch und Sonntag gemeinsames Essen für wenig Geld oder bei Bedarf Umsonst. Des weiteren gibt es eine Rechtsberatung und es wird viel Wert darauf gelegt den Infoladen auch einfach nur offen zu halten, damit sich Menschen dort aufhalten können und gemeinsam ihre Zeit gestalten. Außerdem gibt es zwei jährliche größere Veranstaltungen die direkt vom Infoladen aus organisiert werden, das ist zum einen ein Straßenfest und zum anderen ein Fußballturnier.
Der Infoladen liegt in Stadtfeld. Was ist Stadtfeld für ein Viertel?
Eigentlich war Stadtfeld nach der Wende ein Viertel für Arbeitslose, ArbeiterInnen und rebellische Jugendliche aus der Subkultur. Es gab zu der Zeit viel Leerstand, welcher sich von verschieden politischen Gruppen und Jugendlichen angeeignet wurde. Schon damals war das Level der Auseinandersetzung mit den Faschisten erheblich und wurde und wird im politischen Kampf permanent thematisiert. Des weiteren waren Themen des Klassenkampfs wie Wohnraum, öffentlicher Nahverkehr und Schikanen auf dem Amt, neben Themen wie Frauenbefreiung, Internationalismus und vielem mehr, wichtige Eckpfeiler der politischen Entwicklung im Stadtteil.
Im Zuge der Aufwertung unseres Stadtteils hat sich das Bild verändert, es gibt kaum noch Leerstand, es wurden viele Häuser saniert, wenn auch schlecht. Durch das veränderte Erscheinungsbild und seinem Ruf als alternativen Kiez, hat sich wie in vielen anderen Vierteln in anderen Städten, die Bevölkerung zu einem guten Stück schon ausgetauscht. Durch die im Zuge der Aufwertung gestiegen Mietpreise können sich Altmieter teilweise nicht mehr halten und einkommensschwache und arbeitslose Menschen finden kaum noch Wohnraum hier.
Durch die Auseinandersetzungen mit den Faschisten die hier geführt werden ist es eines der wenigen Viertel in Magdeburg in denen die Faschisten keine Hegemonie in den Straßen haben. Sie wurden und werden in Stadtfeld offensiv auf der Straße bekämpft. Dies hat zu seinem alternativen Ruf beigetragen, der nun von verschiedenen Teilen der Mittel- und Oberschicht ausgenutzt wird. Dazu kommt die Nähe zur Innenstadt, die es für Menschen attraktiv macht hier zu leben. Doch es ist immer noch der Mittelpunkt der politischen Bewegungen in Magdeburg und noch ist nicht alles verloren.
Dem Infoladen droht zum 31.3.2018 die Räumung. Wie kam es dazu?
Im Prinzip kam es durch die Aufwertung und Verdrängungspolitik im Kiez dazu. Das Haus in dem sich der Infoladen befindet, hat nun schon des öfteren den Besitzer gewechselt. Durch den Widerstand der HausbewohnerInnen und der NutzerInnen des Ladens gegen die Schikanen der Vermieter, kam es immer wieder zu Problemen. Die jetzigen Vermieter, die S IMMO GmbH aus Berlin, kündigte den Mietvertrag, der als Gewerbemietvertrag lief. Die S IMMO ist ein klischeehafter Gentrifizierer der wohlhabende Studierende nach Stadtfeld und in die Alexander-Puschkin-Straße 20 bringen will.
Wie sieht euer Widerstand dagegen aus?
Es wurde ein Besuch bei dem Hauptsitz der S IMMO GmbH in Berlin gemacht, bei dem der Ablauf des Normalbetriebes des Büros gestört wurde. Es wurden zwei Kundgebungen durchgeführt, einmal vor der Hausverwaltung Stach-Immobilien und eine zweite am 3. Oktober an einem zentralen Platz in Stadtfeld. Es läuft eine Unterschriften Sammlung sowie mehrere Informationsveranstaltung über die Situation das Infoladens in verschiedenen Städten die auch zur Mobilisierung für die Demonstration am 17.2. in Berlin dienten. Wir haben nun schon drei Veranstaltungen in Berlin, sowie jeweils eine in Stuttgart, Freiburg und Hamburg durchgeführt.
Des weiteren sind Flugblätter zur Information der Nachbarschaft und eine Demonstration am 31.3.2018 und eine Tag X Mobilisierung beim Fall einer Räumung geplant. Außerdem tauchen immer wieder Parolen in Solidarität mit dem Infoladen auf. Für uns ist klar dass wir den Laden nicht Kampflos aufgeben werden. Das wir weiterhin an unserer Forderung festhalten, dass der Infoladen erhalten bleiben muss. Wir bitten die Nachbarschaft sowie alle solidarischen Gruppen und Menschen um Hilfe im Kampf um den Erhalt.
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