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Samstag, April 20, 2024
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    Südkorea: Gewerkschaftsführer Han Sang-gyun freigelassen

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    Der frühere Vorsitzende des Gewerkschaftsverbands KCTU war wegen eines Demonstrationsaufrufs zu drei Jahren Gefängnis verurteilt worden

    Geht es um die politische Lage auf der koreanischen Halbinsel, denken die meisten an den Konflikt zwischen Nord- und Südkorea: Die Auseinandersetzungen um das nordkoreanische Atomprogramm haben in den vergangenen Monaten die Schlagzeilen in aller Welt beherrscht. Sie sind nicht zuletzt deshalb kompliziert und gefährlich, weil viele Länder darin mitmischen: Darunter China, das an Nordkorea grenzt und enge Beziehungen zu dem Land unterhält, die USA, die eine große Zahl an Truppen in Südkorea stationiert haben, und Japan, das eigene Machtambitionen in der Region verfolgt.

    Weniger bekannt in Europa ist ein weiterer Akteur, der in dieser Gemengelage hinzukommt und eine nicht zu unterschätzende Rolle für die koreanische Politik spielt: In Südkorea existiert eine starke, organisierte Arbeiterbewegung. Diese spielte Ende 2016 / Anfang 2017 eine tragende Rolle in der „Candlelight“-Bewegung, welche die damalige rechtsnationale Präsidentin Park Geun-hye nach einem Korruptionsskandal zu Fall brachte. Der Sturz der Park-Regierung und die anschließende Wahl des Liberalen Moon Jae-in zum Präsidenten dürften die Entwicklung des Korea-Konfliktes auf dem Weg zu neuen Verhandlungen erheblich beeinflusst haben.

    Jetzt ist bekannt geworden, dass Han Sang-gyun am kommenden Montag aus dem Gefängnis entlassen wird. Han war Vorsitzender des koreanischen Gewerkschaftsverbandes “KCTU” (Korean Confederation of Trade Unions). Noch unter der Park-Regierung hatte man ihn zu drei Jahren Gefängnis verurteilt. Der Vorwurf lautete auf Vorstöße gegen das Verkehrs- und Versammlungsgesetz, nachdem Han zu einer Massendemonstration gegen die Regierung aufgerufen hatte, bei der sich TeilnehmerInnen gegen die Polizei zur Wehr gesetzt haben. Die Demonstration, um die es ging, hatte sich auch gegen die mangelnde Aufklärung eines Fährunglücks gerichtet, bei dem rund 300 SchülerInnen ums Leben gekommen waren. Über persönliche Verbindungen zwischen Regierung und Fährunternehmen war damals spekuliert worden.

    In einer offiziellen Erklärung der KCTU heißt es: „Wir wissen immer noch nicht, auf welcher Grundlage er so schwer bestraft werden sollte – 3 Jahre Gefängnis. Zu dieser Zeit versuchten die Polizei und die Staatsanwaltschaft sogar, eine Anklage wegen Volksverhetzung gegen Han zu erheben, und bestanden darauf, dass er eine soziale Störung verursachte. Es war jedoch die Regierung von Park Geun-hye selbst, die die wahre Unordnung hervorrief. Was Han wirklich getan hat, war, einen Generalstreik zu organisieren, um die regressive Arbeitsreform der Park-Regierung zu stoppen, eine 130.000 Menschen starke Massenmobilisierung gegen die antidemokratische und Anti-Arbeiter-Regierung zu veranstalten und Busbarrikaden zu durchbrechen, die illegal installiert worden waren, um die Wahrheit des Sewol-Fährunglücks zu verbergen.“

    Die – wenn auch späte – Entscheidung der Moon-Regierung, Han freizulassen, sei ein Erfolg der weltweiten Solidaritätsbewegung gewesen. Unter anderem hatten sich die UN-Arbeitsgruppe für willkürliche Verhaftungen und die Internationale Arbeiterorganisation (ILO) für seine Haftentlassung eingesetzt.

    Es sitzen jedoch weiterhin koreanische GewerkschafterInnen in Haft. Darunter befindet sich die ehemalige KCTU-Generalsekretärin Lee Young-joo, die wegen derselben Vorwürfe wie Han im Zusammenhang mit einer Massendemonstration im November 2015 inhaftiert ist. Nach Hans Freilassung fordert die KCTU eine juristische Neubewertung auch der Anklage gegen Lee: „Das Recht, sich friedlich zu versammeln und zu demonstrieren, ist kein Verbrechen. Es ist nicht länger gerechtfertigt, jemanden zu inhaftieren, der die bestehenden Gesetze verletzt, um gegen eine ungesetzliche und gewalttätige Regierung zu protestieren.“ Wenn die Regierung sich als Regierung der „Candlelight“-Bewegung bezeichnen wolle, müsse sie ihrer Verpflichtung nachkommen, alle Gesinnungshäftlinge freizulassen.

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