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Samstag, April 20, 2024
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    Von Ellwangen zu “Anker”-Zentren

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    Gigantische Internierungslager für Flüchtlinge sollen ab Sommer 2018 für mehr Abschiebungen sorgen – ein Kommentar von Kevin Hoffmann

    Bereits im Koalitionsvertrag von CDU, CSU und SPD sind die sogenannten “Anker”-Zentren („Ankunft, Entscheidung, Rückführung“) festgeschrieben worden. Doch nach der – durch die Medien und rechte Hetze ausgeschlachteten – Solidarität von Geflüchteten gegen einen gewalttätigen Abschiebeversuch im Baden-Württembergischen Ellwangen ist die Diskussion um diese Zentren nun endgültig im öffentlichen Bewusstsein angekommen.

    Aber nennen wir doch einmal offen beim Namen, was diese Zentren mit dem beschönigenden Namen „Anker“ sind. Sie sind das vollkommene Gegenteil eines Ankers im herkömmlichen Sinne. Sie sind gigantische Internierungslager, in die alle Geflüchteten nach ihrer Ankunft eingesperrt werden sollen. Mit einer Kapazität von bis zu 1.500 Plätzen sind es riesige Gefängniskomplexe, die laut Innenminister Seehofer von der Bundespolizei bewacht werden sollen. Zudem plant die Bundesregierung eine sogenannte „Bleibepflicht“ der Geflüchteten, bis über ihren Asylstatus entschieden worden sei. Konkret heißt dass, sie werden so lange dort mit Gewalt hinter Mauern und Stacheldraht festgehalten, bis sie entweder abgeschoben werden oder einen Asylstatuts bekommen.

    Nach einer ersten Pilotphase mit sechs solcher Zentren ab Sommer/Herbst diesen Jahres sollen diese Anker-Zentren überall in Deutschland eingerichtet werden. Laut Auskunft des Staatssekretärs im Bundesinnenministerium, Helmut Teichmann, sollen 40-50 solcher Zentren entstehen. Bis zu 18 Monate sollen die Geflüchteten in diesen „Zentren“ zusammengepfercht warten müssen, bis über ihre Asylanträge entschieden ist.

    Hinzu soll noch der groß angekündigte „Masterplan“ für Abschiebungen folgen, den Bundesinnenminister Seehofer für kommenden Monat angekündigt hat. Das größte Hindernis für Abschiebungen sei demnach eine Verankerung in Deutschland. Genau dies will Seehofer mit den Anker-Zentren verhindern. Er will einen größtmöglichen Teil an Geflüchteten direkt aus den Zentren deportieren lassen.

    Von vielen Seiten gibt es massive Kritik an diesen Plänen. Selbst die äußert reaktionäre “Deutsche Polizeigewerkschaft” (DPolG) und die “Gewerkschaft der Polizei” (GdP) warnen davor, dass die geplanten Zentren zu Spannungen und Gewalt zwischen den Inhaftierten führen werden.

    Doch worum es eigentlich geht, das hat der CSU-Landesgruppenchef Alexander Dobrindt mit seiner weinerlichen Klage um eine angebliche „Anti-Abschiebe-Industrie“ offen kundgetan: Es geht um die Einschränkung von Rechten für Geflüchtete und letztendlich von uns allen. Hier wird nicht mehr allein gegen jene gehetzt, die sich über rassistische, diskriminierende und ausbeuterische Gesetze hinwegsetzen, sondern gegen all jene, die ihre Rechte in Deutschland einfach nur wahrnehmen und einfordern.

    Wenn hier also jemand eine „Gefahr für den Rechtsstaat“ ist, dann sind es CDU, CSU und AfD, die mit rassistischer und populistischer Diffamierung den Boden für massiven Grundrechtsabbau immer weiter bereiten. Dass sich ein großer Teil der Bevölkerung ebenfalls für die Verschärfung von Gesetzen ausspricht (obwohl es objektiv gar nicht in Ihrem Interesse ist und früher oder später auch sie selber treffen wird), ist der Erfolg der rassistischen Hetze großer Medienkonzerne, die zwar von der AfD allzu oft beschimpft werden, eigentlich aber in dieselbe Kerbe schlagen.

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    • Autor bei Perspektive seit 2017 und Teil der Print-Redaktion. Freier Autor u.a. bei „Junge Welt“ und „Neues Deutschland“

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