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Donnerstag, März 28, 2024
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    Der Hambacher Forst und seine Verteidigung

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    Wo hat man schon mal ein so breites Spektrum gesehen? Von CDU- bis Linkspartei-WählerInnen ist alles dabei, von KassierInnen bis zu AnwältInnen: alle sind gegen die Rodung des Hambacher Forstes. Dennoch wird seit Tagen genau diese von Polizei und RWE vorbereitet – gegen den mehrheitlichen Willen der Bevölkerung.

    Seit 2012 ist der Hambacher Forst besetzt. Im Wald gibt es mehrere Baumhausdörfer und auf einer nahe gelegenen Wiese ein Protest-Camp mit selbstgebauten Hütten aus Holz, Lehm und Erde. Die AktivistenInnen kämpfen gemeinsam mit ehemaligen BewohnerInnen (die aus ihren Städten und Dörfern um den Hambacher Forst von RWE vertrieben wurden) gegen die weitere Zerstörung ihrer Heimat an. Immer wieder kam es in den letzten Jahren zu kleineren und größeren Räumungen der Besetzung durch Polizei und RWE.

    Der Hambacher Forst heute

    Vom Hambacher Forst, einem der letzten Urwälder Europas, sind heute nur noch rund 10% erhalten. Die Artenvielfalt von Pflanzen und Tieren wurde auf die wenigen verbliebenen Quadratmeter Walds am Rande einer riesigen Kohlegrube zurückgedrängt. Vermutlich ab Anfang Oktober soll damit begonnen werden, auch diese letzte Fläche des Walds abzuholzen und damit den ältesten Teil eines Jahrtausende alten Ökosystems und die Heimat von Menschen, Tieren und Pflanzen zu vernichten.

    Um die Rodung im Zeitplan von RWE durchzuführen, muss bis dahin die Besetzung komplett aufgegeben sein. Damit dies rechtzeitig geschieht, hat die Polizei bereits mit großen und kleineren Auflösungen begonnen und bereitet somit eine vollständige Räumung vor. „Sollte das Waldstück tatsächlich gerodet werden, wird die Räumung eine der größten Herausforderungen in der Polizeigeschichte Nordrhein-Westfalens“, sagte der GdP-Landesvorsitzende Michael Mertens auf Anfrage der NRZ.

    Um diese “Herausforderung” zu meistern, beginnt die Polizei in NRW seit dem 21.08. mit verhärteten Repressionsmaßnahmen gegenüber der Besetzung und deren UnterstützerInnen. So beschlagnahmte sie eine, auf dem Klima-Camp selbstgebaute und von Kindern und Jugendlichen bemalte, Gartenlaube mit fadenscheinigen Begründungen

    Überblick über die vergangenen Tage

    Am 24.08. gab es dann eine Großräumung durch die Polizei im Wald selbst – mit mehreren Hundertschaften, Wasserwerfern, Räumungspanzern, Hunden und einem Helikopter. Es waren Abschlepper im Einsatz, die ausgemusterte Autos, die von den BesetzerInnen als Barrikaden aufgestellt wurden, entfernten.

    Kunstvoll gefertigte Barrikaden aus Holz wurden mit einem Bulldozer und Räumpanzern platt gemacht, die Zelte, Gemeinschaftsräume und Infotafeln am Boden der Baumhausdörfer zerstört. Dennoch hielten die BesetzerInnen der Räumung größtenteils Stand, es kam allerdings zu mindestens einer Festnahme. Die darauf folgenden beiden Tage wurden von weiteren kleineren Räumungen und Festnahmen begleitet.

    Am frühen Morgen des 27.08 kreiste (laut Berichten einer Aktivistin) ein Helikopter über der Wiese, der das Schlafen unmöglich machte und somit die BesetzerInnen weiter zermürben sollte. Es kam auch zu einem weiterem Einsatz der Polizei, die die Wiese umstellte und widerrechtlich Personen kontrollierte, welche sich auf dem Weg zu einer angemeldeten Mahnwache befanden.

    Die AktivisteInnen verloren jedoch trotz der tagelangen Repression durch Polizei und RWE nicht den Mut, sondern errichteten neue Barrikaden, veranstalteten Konzerte und kündigten an, auch weiterhin gegen die Räumung und die damit verbundene Rodung zu kämpfen.

    Seit den Räumungen durch die Polizei erhalten die AktivistInnen auch mehr Zulauf und Unterstützung aus der Bevölkerung. Wenn sich einige Menschen auch nicht mit den radikaleren Maßnahmen der AktivistInnen (wie das Schleudern von Steinen auf die Räumungspanzer) solidarisieren, scheint die Stimmung im allgemeinen eher positiv, was die Besetzung und den Widerstand angeht.

    Gegen die unverhältnismäßige Repressionen durch die Polizei und RWE gab es zudem am vergangenen Mittwoch von Buir aus eine spontane Demo zur Wiesen-Besetzung. Die etwa 200-250 TeilnehmerInnen solidarisierten sich lautstark mit den BesetzerInnen und stellten sich gegen die Repression und den Kohlegiganten RWE.

    Wie sieht der Widerstand in kommender Zeit aus?

    Der Protest soll in den kommenden Monaten weitergehen und es wird erwartet, dass sich Tausende von KlimaaktivistInnen und UmweltschützerInnen an den Blockaden und Demonstrationen von “Ende Gelände” im Oktober beteiligen werden. Auch kleinere dezentrale Aktionen und Demonstrationen sind geplant, so organisiert die Greenpeace-Jugend in Köln am 29.09. eine Demonstration durch die Kölner Innenstadt. Die BesetzerInnen im Hambacher Forst fordern zudem auf, jeden Tag Widerstand zu leisten und laden jeden und jede ein, in den Hambacher Forst zu kommen und sich dort an den Aktionen zu beteiligen oder sich einfach nur den Wald anzusehen.

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