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Dienstag, Oktober 15, 2024
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    Türkei in der Krise – Fluch oder Segen?

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    Wer gewinnt und wer verliert bei der aktuellen türkischen Finanzkrise. – Ein Kommentar von Kevin Hoffmann

    Fast stündlich durchschlägt die türkische Währung neue Rekordmarken ins Nichts. Immer schneller fällt ihr Kurs im Gegensatz zu Dollar und Euro. Und der türkische Präsident ruft zum hundertsten Mal die türkische Bevölkerung zum Umtausch von Fremdwährungen und Gold in türkische Lira auf.

    Sein Schwiegersohn Berat Albayrak – seit wenigen Wochen neuer Finanzminister – kündigte heute an, ein „neues ökonomisches Modell“ vorzustellen, um die Währung und die türkische Wirtschaft vor „fremden Mächten“ zu retten. Konkrete Maßnahmen nannte er nicht, vielmehr waren es reine Lippenbekenntnisse.

    Sowohl während Albayraks, als auch während Erdogans heutiger Rede schlitterte die türkische Währung unaufhaltsam weiter in die Tiefe. Gleichzeitig zum Allzeittief der Währung steigt die Inflation immer weiter und liegt aktuell bei 15 Prozent. Kreditausfall-Versicherungen für die Türkei sind so teuer wie seit neun Jahren nicht mehr.

    Immer mehr Investoren ziehen ihre Gelder aus der Türkei ab oder scheuen sich vor weiteren Investitionen. Dadurch wird die Finanzkrise weiter vertieft. Erdogans Kampfrufe à la „Sie haben Dollars, wir haben Gott!“ werden keine Wirtschaft der Welt beeinflussen.

    Doch die wirtschaftliche Schwäche der Türkei entkräftet nicht nur die türkische Herrschaftsclique um Erdogan, sondern versetzt auch europäische und amerikanische Banken in Angst. Denn von ihnen erhält die Türkei milliardenschwere Kredite, die das Land und die Wirtschaft seit Jahrzehnten am Laufen halten. Diese drohen nun auszufallen, da die Türkei sie kaum mehr bezahlen kann.

    Kurzfristig die größten Verlierer einer vertieften türkischen Finanz- und Wirtschaftskrise dürfte jedoch die einfache türkische Bevölkerung sein. Große Teile leben schon jetzt in bescheidenen oder ärmlichen Verhältnissen. Die immensen Preissteigerungen der letzten Monate und der Verfall der Währung machen ihnen besonders zu schaffen. Sollte nun ein bedeutender Einbruch der Wirtschaft hinzu kommen, würden Unzählige von ihnen ohne Job oder Geld auf der Straße stehen.

    Gleichzeitig bieten solch turbulente Zeiten auch immer Chancen für demokratische und revolutionäre Bewegungen und öffnen historische Zeitfenster für Veränderungen. Die kommenden Wochen und Monate werden zeigen, wer die wirklichen Sieger und Verlierer dieser Situation sind. Das Spiel ist noch lange nicht entschieden!

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    • Autor bei Perspektive seit 2017 und Teil der Print-Redaktion. Freier Autor u.a. bei „Junge Welt“ und „Neues Deutschland“

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