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Freitag, April 19, 2024
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    Parlamentswahlen in Israel – nationalistische und rechte Likud-Partei liegt vorne

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    Am Dienstag fanden die Wahlen zum israelischen Parlament, der sogenannten „Knesset“, statt. Die zwei größten Wahlblöcke liegen nach Auszählung der Stimmen nahezu gleichauf. Die nationalistische und rechte Likud-Partei von Netanjahu hat damit die Chance, erneut den Ministerpräsidenten in einer rechten Koalitionsregierung zu stellen. – Ein Kommentar von Pa Shan.

    Der Wahlblock Benjamin Netanjahus, des amtierenden Ministerpräsidenten Israels, liegt mit den Rivalen des Wahlblocks „Blau und Weiß“ ungefähr gleichauf. Netanjahu, der 1996 zum ersten Mal Ministerpräsident Israels geworden war, hat nun zum fünften Mal die Chance, dieses Amt zu bekleiden. In Deutschland wird dies staatlicherseits ohne viel Aufhebens und scheinbar neutral dargestellt.

    Verharmlosung

    So nannte die Tagesschau-Moderatorin Judith Rakers Netanjahu “konservativ“. Da dies eine Irreführung sei, reichten der Blog “Die Freiheitsliebe” und der globalisierungskritische Blog “JusticeNow!” offiziell Beschwerde beim ARD-Programmbeirat ein. Die beiden Internetplattformen erklären: „Nach jedem anwendbaren links-rechts-Spektrum muss der Likud jedoch zweifelsfrei als rechtsextrem/rechtsradikal eingestuft werden und ist nach europäischem Maßstab rund um Parteien wie NPD, Front National, Partij voor de Vrijheid oder Fidesz, beziehungsweise weiter rechts von diesen anzusiedeln.“

    Die Tagesschau berichtet daher keineswegs neutral über die Wahlen zur Knesset, sondern normalisiert das nationalistische und rechte Programm von Netanjahu in Israel, wie auch im Falle der ukrainischen Faschisten und weiteren Beispielen. Sie erreicht das, indem sie das politische Parteienspektrum Deutschlands völlig falsch auf die politische Landschaft Israels überträgt und dabei die faschistischen Parteien einfach in die konservative „Mitte“ rückt. Besonders beachtlich daran ist, dass nicht einmal die wirklichen „Konservativen“ und „Linken“ in Israel vergleichbar sind mit den Konservativen und Linken in Deutschland.

    Die zweitstärkste Wahlliste „Blau und Weiß“ wird z.B. von Benjamin Gantz, einem ehemaligen Generalstabschef geführt. Als solcher war er für den brutalen Krieg gegen die palästinensische Bevölkerung im Gaza-Streifen 2014 verantwortlich. Zwar stellt er sich gemäßigter dar als es Netanjahu tut, indem er z.B. Verhandlungen und Frieden mit den Palästinensern wünscht, aber als überzeugter Vertreter des israelischen Siedlerprojekts, das den Palästinensern immer mehr Land raubt, muss auch er als aggressiver Nationalist begriffen werden.

    Faschistische Ursprünge

    Während die israelischen Nationalisten in Deutschland gerne verharmlost werden, verfolgen sie eine klare Linie: Krieg und Eroberung nach außen, Diskriminierung und Ausgrenzung nach innen. Die Likud, zu Deutsch „Zusammenschluss“, ist ein Zusammenschluss rechter Gruppierungen im Jahr 1973. Eine dieser Gruppierungen war die faschistische „Freiheitspartei“ (Tnuat Haherut). Schon 1948 schrieben die jüdischen Intellektuellen Albert Einstein und Hannah Arendt in einem offenen Brief an die New York Times, diese Partei sei „eine politische Partei, die in ihrer Organisation, Methoden, politischen Philosophie und sozialem Anreiz mit den Nazi- und Faschistenparteien verwandt“ sei. 

    Die Likud-Partei vereint in sich nationalistische Aggression und neoliberale Wirtschaftspolitik, wie etwa in Deutschland die AfD oder in Indien die Indische Volkspartei

    Premierminister Netanjahu wird nicht nur vorgeworfen, mit Geschenken und Geldbeträgen bestochen worden zu sein, sodass er mit einem schweren Gerichtsprozess rechnen muss. Er und seine Kameraden sind auch mit chauvinistischen, rassistischen und gewaltverherrlichenden Aussagen berüchtigt geworden. Netanjahu hat jüngst angekündigt, weitere Teile des palästinensischen Westjordanlandes erobern zu wollen und hat eine Zwei-Staaten-Lösung mit der Existenz eines eigenständigen palästinensischen Staates ausgeschlossen

    Bei den Ministern seiner Regierung sieht es nicht besser aus. So erklärte Bildungsminister Naftali Bennet: „Ich habe in meinem Leben schon jede Menge Araber getötet, da ist absolut kein Problem dabei.“, Justizministerin Ayelet Shaked schrieb auf der Höhe des Gaza-Kriegs 2014 einen Aufruf, der allgemein als Forderung zum Genozid in Gaza interpretiert wurde und der ehemalige Außenminister Avigdor Lieberman verkündete öffentlich, er wolle illoyalen Arabern „mit einer Axt den Schädel abschlagen“.

    Sowohl Trump als auch Putin haben Netanjahu den Rücken gestärkt, der daraufhin kürzlich in Bezug auf Putin von „gemeinsamen Werten“ sprach

    Widerstand gegen die Faschisten aller Länder

    Solche Politiker sollten aufs Entschiedenste bekämpft werden. Ihre Legitimierung und Normalisierung sollte überall entlarvt werden. Das gilt nicht nur für die israelischen Rechtsradikalen, sondern ebenso für die faschistischen Anzugträger in Deutschland, die bereits in sämtliche Landesparlamente eingezogen sind und sich selbst als einfache „Patrioten“ bezeichnen. Sie als „konservativ“ zu verniedlichen oder zum „demokratischen Spektrum“ zu zählen, ist nicht nur Verharmlosung, sondern gemeingefährlich.

    Judith Rakers sollte sich schämen. Die ZuschauerInnen sollten sich der Programmbeschwerde gegen die ARD anschließen. Und die Menschen sollten sich gegen die Faschisten und die ihnen dienende Propaganda wehren. Letztlich sind Zusammenschlüsse nötig, die es schaffen, die Faschisten aller Länder für ihre Verbrechen zu bestrafen und ihre Organisationen zu zerschlagen. Da das offensichtlich kein liberaler Staat tut, müssen wir selbst die Sache anpacken und uns organisieren.

    • Perspektive-Korrespondent, Chinaforscher, Filmliebhaber, Kampfsportler

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