`
Dienstag, April 23, 2024
More

    Spanischer Staat verurteilt AnführerInnen der katalanischen Unabhängigkeit zu langjährigen Haftstrafen wegen „Aufruhr“ – massive Proteste

    Teilen

    Das oberste Gericht Spaniens hat wichtige AnführerInnen der katalanischen Unabhängigkeitsbewegung zu Haftstrafen zwischen 9 und 13 Jahren verurteilt. Sie sollen durch die Abhaltung eines Unabhängigkeitsreferendums im Oktober 2017 einen „Aufruhr“ organisiert haben. Als Antwort darauf finden derzeit massive Proteste statt: Autobahnen und Flughäfen werden blockiert.

    Im Kampf gegen die Unabhängigkeit Kataloniens von Spanien geht der spanische Staat weiterhin mit Repression vor. So wurden 9 von 12 angeklagten katalanischen PolitikerInnen und AktivistInnen zu langjährigen Haftstrafen wegen Aufruhrs verurteilt. Hinzu kommt bei einigen noch „Veruntreuung öffentlicher Gelder“. Der Vorwurf der „Rebellion“ war dagegen fallen gelassen worden.

    Hatten demokratische Wahl organisiert

    Im November 2017 waren die Angeklagten in Untersuchungshaft genommen worden. Sie waren zuvor an der Organisation einer demokratischen Abstimmung am 1. Oktober 2017 über die Lostrennung Kataloniens von Spanien beteiligt.

    Die spanische Guardia Civil stürmte damals Wahllokale, beschlagnahmte Wahlurnen und griff WählerInnen direkt an, wobei über 760 Personen – unter anderem durch Gummigeschosse – verletzt wurden. Der spanische Premier Rajoy dankte der Polizei.

    Polizeigewalt in Katalonien: Das wahre Gesicht ihrer „Demokratie“ – ein Kommentar von Tim Losowski

    Die Abstimmung war vom spanischen Verfassungsgericht verboten worden, da die spanische Verfassung eine Lostrennung nicht vorsieht. Das rührt jedoch daher, dass sie noch unter Mitwirkung wichtiger Funktionäre des Franco-Faschismus erarbeitet wurde, unter dessen Herrschaft nicht nur die katalanische, sondern auch die baskische Kultur und Sprache massiv unterdrückt worden waren.

    Das katalanische Parlament stimmte dennoch im Anschluss an das Referendum aufgrund einer großen Zustimmung für die Unabhängigkeit – und wurde daraufhin vom spanischen Parlament aufgelöst. Der damalige Regierungschef Carles Puigdemont floh aus Spanien, andere wurden festgenommen und später angeklagt.

    Prozess wie in einer Diktatur

    Wie sehr die Franco-Dikatatur Spanien nach wie vor prägt, zeigte dann der folgende Prozess. Selbst der eher konservative Stern kommentierte:

    „Wer auch nur an wenigen Tagen die im TV übertragene Gerichtsverhandlung sah, erlebte Polizisten, die stundenlang ausführlich aussagen durften. Doch den Anwälten der Angeklagten wurde das Wort abgeschnitten, wichtige Zeugen und Beweisvideos nicht zugelassen. Aber die neue und rechtsradikale Partei Vox wurde als Nebenkläger zugelassen.“

    Schon während des Prozesses war es mehrfach zu Protesten von Seiten der Bevölkerung gekommen. Im Februar 2019 eskalierte der Protest in einem Generalstreik für die Freiheit der politischen Gefangenen. Im März und September gingen erneut Hunderttausende für die Unabhängigkeit auf die Straße.

    Proteste nach dem Urteil

    Diese gut organisierte Massenbewegung hatte sich bereits in den letzten Monaten auf ein mögliches hartes Urteil vorbereitet. Sie wollte eine entsprechende Antwort auf der Straße geben – und diese findet im Augenblick statt.

    Die Zug-Verbindung Barcelona-Girona ist aufgrund von Menschen und brennenden Reifen auf der Fahrbahn blockiert. Mehrere Autobahnen wurden durch brennendes Holz unterbrochen, vor den Toren Barcelonas bilden sich lange Staus. Zudem mussten nach Protesten am Flughafen von Barcelona 45 Flüge gestrichen werden. Es wird erwartet, dass die Proteste auch in den nächsten Tagen weitergehen werden.

    • Perspektive-Autor und -Redakteur seit 2017. Schwerpunkte sind Geostrategie, Rechter Terror und Mieter:innenkämpfe. Motto: "Einzeln und Frei wie ein Baum und gleichzeitig Geschwisterlich wie ein Wald."

    Mehr lesen

    Perspektive Online
    direkt auf dein Handy!

    Weitere News