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Dienstag, April 23, 2024
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    Erschossen, ertrunken, erfroren: Die EU zeigt erneut ihr hässliches Gesicht

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    Erneut werden Menschen, die schon vor Krieg und Zerstörung fliehen mussten, als Spielball der Interessen zwischen der Türkei und den EU-Staaten eingesetzt, und erneut müssen sie an den europäischen Grenzen dafür mit dem Leben bezahlen. – Ein Kommentar von Kevin Hoffmann

    Die Türkei und ihr Präsident Recep Tayyip Erdogan verlieren in Syrien immer mehr an Boden. Die türkischen Soldaten und ihre islamistischen Verbündeten verlieren immer größere Teile des von ihnen besetzten syrischen Territoriums. Der türkische Hilferuf, dass die NATO die türkischen Interessen in Syrien gegen das syrische Regime und seine russischen Verbündeten durchsetzen solle, verpuffte weitestgehend. Was folgte, war die erneute Erpressung der EU durch Erdogan.

    In den vergangenen Jahren drohte Erdogan immer wieder damit, die Grenzen seines Landes zu öffnen und hunderttausende oder gar Millionen syrische Flüchtlinge in die EU zu leiten. Hunderte Millionen Euro konnte er sich so erpressen und will nun das militärische Eingreifen der NATO-Staaten in Syrien erreichen.

    Menschenleben als Verhandlungsmasse

    Es ist an Unmenschlichkeit kaum zu überbieten, wie die Türkei und die EU in ihren Interessenskonflikten immer wieder mit dem Leben von Menschen spielen. In den vergangenen Tagen erreichten uns aufgrund dieser „Spielchen“ grausame Videos von der türkisch-griechischen Grenze.

    Die Videos zeigen nicht nur den tödlichen Einsatz der griechischen Polizei gegen wehrlose Menschen, sondern auch gewalttätige und rassistische Übergriffe von aufgehetzten Menschen gegen ankommende Flüchtlinge in Griechenland. Ähnliche Szenen von Lynchmobs gegen syrische Geflüchtete gibt es aufgrund der rassistischen Staatspropaganda schon seit Jahren in der Türkei.

    Die EU-Grenzen sind ein Massengrab

    Die aktuelle Situation zeigt erneut und vollkommen ungeschminkt, dass die EU ein blutiges Abschottungsprojekt ist, bei dem allein der ungehinderte Waren- und Kapitalverkehr im Vordergrund stehen. Die griechische Regierung hat das Asylrecht gleich ganz ausgesetzt. Menschenleben sind hier egal.

    Durch die Abschottungspolitik der EU ist nicht nur das Mittelmeer, sondern auch die Grenze zwischen Griechenland und der Türkei zu einem Massengrab für tausende Menschen geworden, die vor Krieg und Zerstörung fliehen, die auch mit europäischen und deutschen Waffen und Geldern hervorgerufen wurden und werden.

    Fluchtursachen bekämpfen

    In den kommenden Tagen finden in vielen deutschen Städten Protestaktionen gegen die tödliche Gewalt und Abschottung der europäischen Außengrenzen statt. Es ist richtig und gut, sich gegen die menschenverachtende Politik der EU zu empören, doch gleichzeitig muss der Blick gezielt auf die Bekämpfung der Fluchtursachen gerichtet sein.

    Die Öffnung der EU-Grenzen und eine wirkliche Bewegungsfreiheit für alle Menschen sind natürlich eine konkrete Forderung, die heute zu stellen ist. Gleichzeitig müssen wir jedoch für eine konsequente Bekämpfung aller Fluchtgründe eintreten. Lasst uns daher gemeinsam für eine Welt kämpfen, in der kein Mensch vor Krieg, Hunger, Zerstörung, Ausbeutung und Verfolgung sein Land verlassen muss.

    • Autor bei Perspektive seit 2017 und Teil der Print-Redaktion. Freier Autor u.a. bei „Junge Welt“ und „Neues Deutschland“

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