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    Rechtsterrorist Stephan Ernst soll versucht haben, einen Antifaschisten zu ermorden – doch die Ermittlungsakten wurden vernichtet

    Der Rechtsterrorist Stephan Ernst soll Jahre vor dem Mord am Hessischen Regierungspräsidenten Lübcke auf einen linken Aktivisten in Kassel geschossen haben. Die Ermittlungsakten und das Projektil des damaligen Mordversuchs wurden aber vor Jahren bereits vernichtet. Der Fall wirft einige Fragen auf.

    Nach einem Bericht der Welt am Sonntag fehlen den Ermittlungsbehörden in Kassel wichtige Akten und Beweismittel bezüglich eines Mordversuchs auf einen antifaschistischen Lehrer im Jahr 2003. Auf diesen wurde an einem frühen Morgen ein Schuss abgefeuert, während er in seiner Küche vor dem Fenster stand. Damals wurden die anschließenden Ermittlungen ohne Ergebnis abgebrochen.

    Die Staatsanwaltschaft Kassel berichtete, dass das sichergestellte Projektil sowie die Akten zehn Jahre nach Ende der Ermittlungen vernichtet worden seien. Dieses Vorgehen ist höchst merkwürdig und unüblich, da bei versuchtem Mord die Beweismittel auch nach Jahrzehnten nicht vernichtet werden dürfen.

    Jahrzehnte rechten Terrors

    Trotzdem ermittelt die Bundesanwaltschaft nun auch wegen diesem versuchen Mord gegen Stefan Ernst. Ernst kann auf eine sehr lange Geschichte in der neonazistischen und rechtsterroristischen Bewegung zurückblicken:

    • 1992 greift er auf der Toilette des Wiesbadener Hauptbahnhofs einen migrantischen Mann – erst von hinten und dann von vorne – mit einem Messer an. Dieser wird lebensgefährlich verletzt. Später erklärt er vor Gericht, er habe sich von dem Mann sexuell belästigt gefühlt.
    • 1993 organisiert Ernst einen Anschlag auf eine Geflüchtetenunterkunft im hessischen Hohenstein-Steckenrodt mit einer Rohrbombe. Sie konnte von den BewohnerInnen gerade noch unschädlich gemacht werden, bevor sie explodierte. Er wurde zu sieben Jahren Haft ohne Bewährung verurteilt.
    • 2009 greift er am 1. Mai 2009 mit rund 400 „Autonomen Nationalisten“ die Demonstration des „Deutschen Gewerkschaftsbunds“ an. Er wurde festgenommen und zu sieben Monaten auf Bewährung verurteilt.

    Darüber hinaus pflegte er Kontakt zur NPD und spendete auch drei Jahre vor dem Mord an Lübcke 150€ an die AfD. Er unterhielt außerdem engen Kontakt zu Neonazis des „Blood&Honour“/„Combat 18“-Netzwerks, zu dem höchstwahrscheinlich auch der „Nationalsozialistische Untergrund“ (NSU) gehörte, der zwischen 2000 und 2007 zehn Menschen ermordete.

    Mordanschlag auf antifaschistischen Lehrer – welche Rolle haben Stephan E. und „Combat 18“ gespielt?

    Wieso wurden die Akten vernichtet?

    Eine neue Brisanz bekommen nun der Fall Stephan Ernst und die Vernichtung der Beweismittel dadurch, dass Mitte 2017 bekannt wurde, dass die gesamte B&H-Struktur durch einen Spitzel des Verfassungsschutzes aufgebaut wurde. Es stellt sich die nun Frage, ob die vorzeitige Vernichtung der Ermittlungsakten und Beweise etwas mit der Verflechtung der Geheimdienste in die rechtsterroristische Bewegung zu tun hat.

    Neben dem versuchten Mord an dem linken Lehrer und dem Mord an Walter Lübcke wird jetzt auch wegen einer ungeklärten Messerattacke auf einen irakischen Asylbewerber ermittelt. Ein Unbekannter hatte dem Mann im Januar 2016 in Lohfelden bei Kassel von hinten ein Messer in den Rücken gerammt. Der Iraker musste auf die Intensivstation. Auch hier führen die Spuren zu Stephan Ernst und in die Kasseler Neonazi Szene.

    Dieser Rechtsterrorist soll den CDU-Politiker Walther Lübcke hingerichtet haben

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