Bei Protesten gegen die Haushaltspläne von Präsident Alejandro Giammattei haben Demonstrant:innen das Parlamentsgebäude in Guatemala-Stadt in Brand gesetzt. Große Teile der Gesellschaft hatten sich zuvor über hohe Neuverschuldung und Kürzungen im Sozial- und Bildungsbereich empört. Die Situation im Land ist auch wegen der Corona-Pandemie angespannt.
Die politische Lage auf der Welt ist in diesem Jahr von zahlreichen Massenbewegungen geprägt. Die Corona-Pandemie hat in vielen Ländern dazu geführt, dass sich gesellschaftliche Widersprüche in kürzester Zeit zugespitzt haben und die Menschen auf die Straße gegangen sind.
Nun hat sich auch die Bevölkerung von Guatemala bei den globalen Protesten eingereiht. In der Hauptstadt Guatemala-Stadt kam es am Wochenende zu großen Demonstrationen, nachdem ein neuer Haushalt der Regierung für eine Welle der Empörung gesorgt hatte.
Vor dem Parlamentsgebäude lieferten sich Demonstrant:innen eine Schlacht mit der Polizei, die Tränengas gegen die Menge einsetzte. Im Zuge der Auseinandersetzungen drangen Menschen in das Parlament ein und setzten es in Brand. Laut Angaben des Roten Kreuzes mussten etwa 50 Menschen ins Krankenhaus gebracht werden. Über 20 wurden festgenommen. Die Feuerwehr brachte den Brand nach einiger Zeit unter Kontrolle. Auch in anderen Teilen der Stadt kam es zu Demonstrationen, bei denen der Rücktritt von Präsident Giammattei gefordert wurde. Mittlerweile hat sich auch sein Vizepräsident Guillermo Castillo gegen ihn gewandt und ihm vorgeschlagen, gemeinsam „für das Wohl des Landes“ zurückzutreten.
Die Proteste entzündeten sich an den Plänen der Regierung, einen Rekord-Haushalt von fast 12,8 Milliarden US-Dollar zu verabschieden. Diesen hatte das Parlament in der vergangenen Woche im Schnellverfahren und ohne öffentliche Debatte verabschiedet. Giammatteis Partei und deren Bündnispartner besitzen dort die Mehrheit.
Zahlreiche gesellschaftliche Gruppen empören sich über eine hohe Neuverschuldung, Kürzungen im Sozial- und Bildungsbereich sowie darüber, dass das meiste Geld in die Infrastruktur fließt, welche größtenteils von Privatunternehmen verwaltet wird. „Giammattei raus!“ und „Keine Korruption mehr!“ gehörten zu den Parolen, die bei den Demonstrationen zu hören waren.
Guatemala gehört zu den ärmsten Ländern Lateinamerikas. 59,3 Prozent der 17 Millionen Einwohner:innen leben in Armut. Die Hälfte der Kinder unter fünf Jahren ist unterernährt. Die Corona-Pandemie hat die Lage in dem Land weiter verschärft, das bislang knapp 120.000 offiziell Infizierte und über 4.000 Tote zu beklagen hat. Das Gesundheitssystem ist mit der Lage überfordert, wofür viele Guatemaltek:innen den Präsidenten verantwortlich machen.
Die Folgen der schweren Tropenstürme „Eta“ und „Iota“, die Teile des Landes in den letzten Wochen verwüstet haben, verschärfen die Situation zusätzlich. Dass das Parlament den Haushalt durchgewunken hat, während die Menschen mit den Verwüstungen durch die Stürme zu kämpfen hatten, hat für zusätzliche Wut gesorgt.