Auf dem Land mangelt es nicht nur an Breitbandverbindungen und fair entlohnten Arbeitsplätzen, sondern auch am Zugang zu medizinischer Grundversorgung. Das stellt die Bundesregierung in ihrem dritten Bericht zur Entwicklung ländlicher Räume zum dritten Mal in Folge fest – und lobt trotzdem eigene Investitionen.
Nach Definition des Bundesministeriums für Ernährung und Landwirtschaft BMEL lebt die Hälfte der deutschen Bevölkerung in sogenannten „ländlichen Regionen“. Das BMEL hebt die Lebensqualität dieser Gegenden durch die Vielzahl „landschaftlicher Freiräume“ hervor. Darüber hinaus zeichne sich eine ländliche Region durch „mehr Eigenheime und Gärten sowie eine gewisse Entfernung zu den großen Zentren und Verdichtungsräumen“ aus.
Als aktuellen Trend für ländliche Regionen hebt das BMEL insbesondere die Digitalisierung hervor, spricht von neuen Chancen und gesteigerter Lebensqualität für junge Menschen. Doch im dritten, vierteljährlich erstellten Bericht über die Entwicklung ländlicher Regionen muss das BMEL feststellen: Junge Menschen gibt es auf dem Land nach wie vor immer weniger – und Digitalisierung auch nicht bedeutend mehr als noch vor vier Jahren.
Große Ost-West-Unterschiede in der Bevölkerungsentwicklung
Der aktuelle demographische Wandel beschreibt die viel diskutierte Alterung der Gesellschaft in Deutschland. Die Geburtenraten sind auch weiterhin niedrig. Durch Migration – insbesondere von Menschen im arbeitsfähigen Alter – erlebt die BRD aufs Ganze gesehen dennoch ein Bevölkerungshoch. Jedoch: diese jungen Menschen leben nicht gleichermaßen in Stadt und Land.
Westdeutsche Regionen, auch ländliche, haben – mit Ausnahme der Oberpfalz – tatsächlich einen Bevölkerungszuwachs erlebt. In ostdeutschen Regionen hingegen ist die Entwicklung größtenteils gegenteilig. Der Anteil von Migrant:innen ohne deutsche Staatsangehörigkeit (BMEL: „Ausländeranteil“) unterscheidet sich stark nach Ost- und Westdeutschland und, wie schon gesagt, nach Stadt und Land. Hier der größte Unterschied: In westdeutschen Städten beträgt der Ausländeranteil 14.2 Prozent, in ostdeutschen ländlichen Regionen nur 3.7 Prozent.
Schlechtere medizinische Versorgung
Mit der durchschnittlichen Alterung der Gesellschaft geht einher, dass die Nachfrage nach medizinischer bzw. pflegerischer Versorgung steigt. Insbesondere die ländlichen Regionen altern, vor allem verursacht durch Wegzug der jüngeren Bevölkerung in perspektivreichere Regionen.
Mit der Verkleinerung der Bevölkerung in der ländlichen Region entwickelt sich zwangsläufig auch das Versorgungsangebot zurück. Gemeinden und ländliche Städte legen ihre Angebote zusammen, so dass z.B. allein für die medizinische Versorgung rund 50 Prozent mehr Fahrtzeit benötigt wird als in der Stadt.
Besonders problematisch ist diese Entwicklung in Hinblick auf die Krankenhäuser. In den meisten kreisfreien Städten sind Kliniken in 5 bis 10 Minuten mit dem Auto erreichbar, in den rund 100 Landkreisen sind bis zu 30 Minuten Fahrtzeit nötig.
Keine gute Internetverbindung auf dem Land
Auch hinsichtlich des Breitbandausbaus schneidet Deutschland im europäischen Vergleich schlecht ab. Es gibt ländliche Regionen in Deutschland, in denen nicht einmal jeder zweite Haushalt über eine gute Breitbandverbindung verfügt.
Das könnte auch Innenminister Seehofers Lösungsansatz einen Strich durch die Rechnung machen: Er sehe in der Zunahme von Home Office eine Chance für ländliche Gegenden. Denn wer von Zuhause aus lernen und arbeiten könne, müsse ja nicht in die Stadt ziehen. Dafür wäre allerdings eine zuverlässige Anbindung ländlicher Regionen an das Internet wohl die mindeste Voraussetzung.