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Donnerstag, April 18, 2024
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    Brandanschläge auf linke Wohnprojekte: Täter angeblich unpolitisch

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    Der Prozess gegen einen Brandstifter in Mittelhessen endet mit einer Haftstrafe. Seine Ziele waren linke Wohnprojekte und Kulturzentren. Trotz Verbindungen zur AfD und rechten Aussagen in Chatverläufen sei der Täter kein Rechter. Verschiedene Gruppen in Frankfurt sprechen sich gegen die Entpolitisierung der rechten Brandanschläge aus.

    Der Prozess gegen Joachim S. wegen einer Serie von Brandstiftungen endet mit einer langjährigen Haftstrafe. Trotzdem lösen das Urteil und der Prozess in der linken Bewegung Mittelhessens Empörung aus.

    Joachim S. wurde wegen insgesamt acht Brandanschlägen gegen autonome Zentren und linke/feministische Wohnungsprojekte verurteilt. Bei zwei Taten wurde er auf frischer Tat ertappt.

    Das waren die Anschläge auf das „Autonome Kulturzentrum“ Metzgerstraße in Hanau am 21. Dezember 2018 und auf das feministische Wohnprojekt „Lila Luftschloss“ am 26. Juli 2019. Doch den Brandanschlägen ging ein längerer Kampf des Täters voraus, den er mit legalen Mitteln führte.

    Erbitterter Kämpfer gegen Linke

    Joachim Scholz gilt als Einzelgänger, der aber früh mit dem Kampf gegen Linke begonnen hatte. Schon seit 2015 versuchte er, linke Projekte existenziell zu schädigen. Abgesehen hatte er es dabei vor allem auf Häuser des “Mietshäuser Syndikats” (MHS), einem bundesweiten Verbund linker Wohnprojekte.

    Zwischen 2015 und 2017 hatte S. mehrfach Projekte des Syndikats in ganz Deutschland wegen Formfehlern bei den Behörden angezeigt. Er hatte akribisch die öffentlich einsehbaren Bilanzen und Internetseiten der Projekte durchsucht und kleinste Fehler den Amtsgerichten oder der “Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht” (BaFin) gemeldet. Dabei ging es um fehlerhafte Impressen und Disclaimer (Distanzieren von fremden Inhalten bei Verlinkung) oder Rechen- und Übertragungsfehler in den Bilanzen der Projekte.

    Die Gruppe „Feurio“, in der auch Betroffene der Anschläge aktiv sind, hat eine Menge Informationen zu der Anschlagsserie und dem anschließenden Prozess zusammengetragen. Sie gehen davon aus, dass sich Joachim S., nachdem sein Kampf gegen Linke mit legalen Mitteln nicht den erwünschten Schaden anrichten konnte, radikalisierte und die Sache selbst in die Hand nahm.

    Schuldig der mehrfachen Brandstiftung, Freispruch zum Vorwurf der rechten Gesinnung

    Am Tag der Urteilsverkündung fand vor dem Landgericht Frankfurt eine Kundgebung mit rund 80 Personen statt. Sie forderten ein Ende des rechten Terrors, der rechten Hetze und entlarvten die Darstellung des Gerichts.

    Dieses konnte nämlich bei dem Täter keine rechte Gesinnung feststellen. Es handle sich offenbar nur um einen Pyromanen. Damit verhedderte sich das Gericht in eine Vielzahl von Widersprüchen.

    Zum einen wurde „der Knotenpunkt“ in Schwalbach im Taunus mehrfach von S. denunziert. Darauf brannte am 14. September 2018 das Haus nach einer Brandstiftung fast vollständig aus. Ähnlich erging es dem „Lila Luftschloss“. Das Lila Luftschloss ist ein feministisches Projekt mit zwei Wohnhäusern in Frankfurt. Joachim S. denunziert es mit legalen Mitteln. Darauf wurden zwischen Dezember 2018 und Juli 2019 drei Anschläge auf die Wohnhäuser verübt, bei einem wurde Joachim S. auf frischer Tat erwischt.

    Zwar konnte keine enge Vernetzung in rechte Kreise festgestellt werden, trotzdem ist bekannt, dass er 1.700 Euro an die AfD spendete. Dazu kommt, dass die Auswertung der Chats auf seinem Privattelefon seine rassistische, frauen- und schwulenfeindliche Ideologie aufzeigten.

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