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Donnerstag, April 25, 2024
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    Corona macht vor Gefängnismauern keinen Halt

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    Das Coronavirus und seine Bekämpfung betrifft uns alle. Diesen Satz hören wir in diesen Zeiten ständig von professionellen Politiker:innen, aber auch in unserem Umfeld. Die Soligruppe Leipzig der „Gefangenengewerkschaft/Bundesweite Organisation“ (GG/BO) weist dazu in einer aktuellen Erklärung auf eine oftmals schnell vergessene Gruppe hin: die Gefangenen und die Bediensteten in den Gefängnissen.

    Im Fernsehen gibt es unendliche Debatten. Auf jedem Sender wird das Coronavirus bis ins Detail auseinander genommen – spätestens zu den Nachrichten, aber auch bei den vielen politischen Debatten im öffentlich-rechtlichen Fernsehen. Neben den Diskussionen, wie am besten der Inzidenzwert heruntergedrückt werden könnte – mit teilweise vollkommen abstrusen Argumenten und Ideen – stehen derzeit der Impfstoff und seine Verteilung im Mittelpunkt. Es gibt immens viel Kritik von allen Seiten, dass es zu wenig Impfstoff gäbe und dass z.B. nicht an alle Berufsgruppen gedacht werde, die im Frühjahr 2020 noch als „systemrelevant“ galten. Außerdem werden nach derzeitiger Regelung die im Einzelhandel Beschäftigten überhaupt nicht berücksichtigt. Ebenso gravierend sieht es derzeit in den Gefängnissen aus.

    Harter Lockdown in den meisten Gefängnissen

    Schon seit dem ersten Lockdown müssen Inhaftierte strikte Einschränkungen hinnehmen: Eine Stunde Besuchszeit und kein Körperkontakt zu Besucher:innen der Justizanstalten waren die ersten Regelungen, die sofort eingeführt wurden. Im jetzigen Lockdown dürfen die meisten Inhaftierten nur Kontakt zu Familienangehörigen pflegen – doch viele Inhaftierte haben kaum Kontakt zu ihren Familien. Auch Freizeitangebote wurden heruntergeschraubt.

    In sächsischen Gefängnissen etwa müssen die Inhaftierten mit kompletten Verdienstausfällen leben, wenn die Werkstätten und Arbeitsbetriebe pandemiebedingt geschlossen werden. Die Regierung argumentiert, dass „auf arbeitende Gefangene der Arbeitnehmerbegriff nicht anwendbar […] ist.“

    „Priorisierung von Gefängnissen bei Impfstrategie!“

    Die ohnehin schon schwierige Situation in den Gefängnissen wird allerdings in all den Talkshows nicht thematisiert. Vielmehr wollen die Politiker:innen die Wähler:innen für sich gewinnen – dabei davon zu reden, dass „Kriminelle“ und Gefängnisbedienstete auch noch als Vorderste den Impfstoff bekommen sollen, wäre nicht gut fürs Image.

    Derweil kann sich das Virus hinter den Gefängnismauern ebenso schnell ausbreiten wie in anderen Einrichtungen, in denen viele Menschen eng beieinander leben, wie z.B. auch in Pflege- und Flüchtlingsheimen. Alle Gemeinschaftsräume, wie Küchen oder viele Sanitäranlagen in den Gefängnissen sind nicht separiert. Hinzu kommt, dass oft auch mehrere Gefangene in einer Zelle untergebracht sind und somit der Mindestabstand von 1,50 Metern gar nicht eingehalten werden kann, wie die GG/BO Soligruppe schreibt.

    Auch die psychischen Belastungen der Gefangenen können in dieser Zeit mit dem permanenten Mangel an Pflege- und Ärztepersonal in den Gefängnissen nicht ausreichend berücksichtigt werden. Vor allem wegen des dramatischen Fachkräftemangels schlägt auch der „ Beamtenbund und Tarifunion“ (DBB) Alarm und weist darauf hin, dass „das Krankenpflegepersonal nicht auf schwere (Infektions)verläufe vorbereitet ist“.

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