Anfang März verstarb der Jeside Qosay Khalaf nach einem Polizeieinsatz im Krankenhaus. Rund zwei Monate danach hat die Staatsanwaltschaft die Ermittlungen eingestellt. In ihrer Begründung verstrickt sie sich in Widersprüche, auch die Todesursache des 19-jährigen Geflüchteten ist noch unklar. Die Anwältin der Familie will Rechtsmittel einlegen.
Am Freitag, den 5.3. geriet der 19-jährige Geflüchtete Qosay Khalaf in eine Kontrolle der Delmenhorster Polizei. Er lief weg, die Polizei fasste ihn. Bei einer anschließenden Auseinandersetzung mit der Polizei wurde Pfefferspray gegen ihn eingesetzt, er wurde zudem auf dem Boden mit Handschellen und körperlicher Gewalt fixiert.
Anschließend wurde er in Polizeigewahrsam verbracht, wo er zusammenbrach. Am Tag darauf verstarb er im Krankenhaus.
Bis heute ist die Todesursache laut Staatsanwaltschaft unklar. Ein von der Familie in Auftrag gegebenes Gutachten spricht von Herz-Kreislauf-Versagen, ausgelöst durch Sauerstoffmangel. Im Magen von Khalaf wurden außerdem chemische Superabsorber gefunden worden, die die Schädigungen des Darms begründen würden. Diese können sehr viel Wasser aufsaugen. Deren Herkunft sei noch ungeklärt. Eine Blutprobe zeigt, dass er keine harten Drogen genommen hatte. Qosay hatte zuvor bisher auch keine bekannte Vorerkrankungen.
Dennoch hat die Staatsanwaltschaft Oldenburg die Ermittlungen gegen die beteiligten Polizisten eingestellt. Den Beamten könne kein strafrechtlich relevantes Fehlverhalten zur Last gelegt werden, teilte ein Sprecher der Oldenburger Staatsanwaltschaft am Montag mit.
Staatsanwaltschaft verstrickt sich in Widersprüche
Dabei ist das Verhalten der Polizei bis heute ungeklärt und auch die Staatsanwaltschaft verstrickt sich in Widersprüche. So erklärte sie, eine Befragung „sämtlicher vor Ort gewesenen Personen“ habe ergeben, dass eine Untersuchung von Qosay Kalaf durch die eingesetzten Rettungskräfte noch am Festnahmeort stattgefunden habe.
Zuvor hatte die Staatsanwaltschaft jedoch noch behauptet, Khalaf habe eine Behandlung abgelehnt. Laut Staatsanwaltschaft seien Sauerstoffsättigung und Blutdruck protokolliert worden, die Daten fehlen aber in den Unterlagen.
Nach den Angaben „nahezu aller Anwesender“ sei der Verstorbene eigenständig und ohne Auffälligkeiten zum Polizeiwagen gegangen, heißt es weiter von der Staatsanwaltschaft.
In einem Video des YouTube-Channels „Strg_f“ bezeugt ein Freund von Qosay Kalaf, der Augenzeuge war, hingegen, dass keinerlei Behandlung Qosays stattgefunden habe. Er sagt sogar, dass Polizisten auf Khalaf gekniet hätten, ihm sei nicht geholfen worden und er sei zum Polizei-Auto geschleift worden. Khalaf habe um Wasser gebeten, es aber nicht erhalten.
Die Staatsanwaltschaft sagt dazu, weder Rettungswagen noch Polizei seien mit Getränken bestückt. „Ein Unterlassen der – in der Situation faktisch unmöglichen – Gabe von Wasser kann den Beschuldigten folglich nicht vorgeworfen werden.“
„Er ist lebendig ins Polizeirevier rein und tot wieder raus.“
Qosay Khalaf stammt aus einem Dorf im Irak, das vom Islamischen Staat (IS) überrannt wurde. Anschließend floh er nach Deutschland, wo er unter anderem von einem Cousin unterstützt wurde. In einem Interview mit Strg_f erklärt dieser:
„Der einzige Faktor, der dazu geführt hat, dass Qosay nicht mehr bei uns ist, ist die Polizei. Ist das Polizeirevier in Delemhorst. Wenn die Polizei nicht da gewesen wäre, wenn die nicht kontrolliert hätten, wenn die ihn nicht mitgenommen hätten, wenn die ihm Wasser gegeben hätten – da sind so viele Punkte, so viele Fragen, die uns bis heute nicht beantwortet wurden. Er ist lebendig ins Polizeirevier rein und tot wieder raus.“
Wegen der offenen Fragen will die Anwältin der Familie Rechtsmittel gegen die Verfahrenseinstellung einlegen.