Zur Überprüfung von Fluchtgründen durch das Auswärtige Amt (AA) wurde in mehreren Fällen die Sexualität Geflüchteter in ihren Herkunftsländern offenbart. Nachdem der “Lesben- und Schwulenverband” (LSVD) diese für die Betroffenen lebensbedrohliche Praxis schon im März kritisierte, antworteten jetzt das Innenministerium und das AA und gaben Fehler zu.
Homo- und bisexuelle Geflüchtete müssen ihre Sexualität nach ihrer Ankunft in Deutschland nachvollziehbar beweisen. Sind sie nicht überzeugend genug, droht die Abschiebung. Aus Angst vor vorgetäuschten sexuellen Orientierungen beauftragt das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) unter anderem das Auswärtige Amt, die Angaben zu überprüfen. Sogenannte “Vertrauensanwält:innen” deutscher Botschaften und Konsulate haben im Zuge dieser Recherchen gegenüber Familienangehörigen und offiziellen Stellen die Sexualität von nach Deutschland Geflüchteten offenbart.
In ihren Herkunftsländern drohen allen Betroffenen mehrjährige Haftstrafen. In zwei Ländern ist selbst die Todesstrafe möglich. Im Falle einer Abschiebung ist die Situation somit oft lebensgefährlich. Auch die engsten Beziehungen und Kontakte der Geflüchteten – zum Beispiel zu Familie oder Partner:innen – werden zusätzlich in Gefahr gebracht. Im Zuge der Nachforschungen Geflüchtete zu outen, ist zwar schon 2005 als verfassungswidrig erklärt worden. Dennoch wurde dies zum Beispiel im Falle eines Geflüchteten aus Pakistan getan: Ein deutscher Anwalt habe seiner Familie Informationen aus dem deutschen Asylverfahren mitgeteilt und nachgefragt, ob der Geflüchtete bisexuell sei. Daraufhin habe seine Familie den Kontakt zu ihm abgebrochen. Weitere solcher Fälle seien laut LSVD konkret aus Kamerun, Tansania und Nigeria bekannt.
Das Innenministerium und das Auswärtige Amt haben sich in einem gemeinsamen Schreiben zu den Vorwürfen geäußert und eingeräumt, „bedauerlicherweise Fehler“ gemacht zu haben. Einem unrechtmäßig geouteten Nigerianer wurde der Flüchtlingsstatus nun durch das BAMF zugestanden. Der LSVD fordert dies auch für alle anderen Betroffenen: LGBTI+ Geflüchtete müssten geschützt werden, anstatt sie in noch größere Gefahr zu bringen.