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Dienstag, März 19, 2024
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    Bundeswehr verlangt immense Rückzahlungen von Kriegsdienstverweigernden

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    Seit die allgemeine Wehrpflicht ausgesetzt wurde, verlor das Recht auf Kriegsdienstverweigerung in der Öffentlichkeit an Bedeutung. Für aktive Soldat:innen ist es aber immer noch die Möglichkeit, einen Kriegseinsatz zu verweigern – zumindest formal. Denn praktisch geht die Verweigerung mit zehntausenden Euro Rückzahlungsforderung einher.

    Schon 1913 rief Rosa Luxemburg zur allgemeinen Kriegsdienstverweigerung auf. Auch wegen der konsequent antimilitaristischen Haltung, die sie vertrat, wurde sie inhaftiert und schließlich ermordet. Heute stellt Kriegsdienstverweigerung ein von der UN anerkanntes, allgemeines Menschenrecht dar. Doch sogar die UN selbst kritisiert: Es ist mit erheblichen Schwierigkeiten verbunden, zu überprüfen, ob das Recht auch tatsächlich wahrgenommen werden kann.

    Eine Analyse der Informationsstelle Militarisierung e.V. (IMI) legt nahe, dass es in der BRD erhebliche Hemmnisse für Kriegsdienstverweigernde gibt, von ihrem Recht Gebrauch zu machen. Denn zwischen 2015 und Juni 2020 stellten 1.172. Personen einen Antrag auf Kriegsdienstverweigerung (KDV).

    Existenzgefährdende Rückforderungen

    In diesem Zeitraum forderte die Bundeswehr von Kriegsdienstverweigernden Ausbildungskosten von etwa 8 Mio. Euro zurück. In diesem Zeitraum betraf dies 149 Personen. Durchschnittlich sei also mit einer Rückforderungssumme von 53.700 Euro pro Person zu rechnen.

    Es ist davon auszugehen, dass die 8 Millionen Euro nicht gleichmäßig unter den Verweigernden aufzuteilen sind: es gibt Berichte, denen zufolge ein ehemaliger Flugsicherungsoffizier eine Rückzahlung in Höhe von 130.000 Euro leisten musste. Die hohen Geldsummen setzen sich sowohl aus den unmittelbaren Kosten der soldatischen Ausbildung, als auch aus den Kosten für Unterkunft und Verpflegung zusammen.

    Die IMI argumentiert, dass dadurch eine erhebliche Einschränkung des Menschenrechts auf Kriegsdienstverweigerung bestehe. Rückforderungen in dieser Höhe seien existenzgefährdend. Ein Gerichtsurteil aus dem Jahr 2017 argumentiert hingegen ganz offen: Die Aussicht auf Rückforderung solle Soldat:innen dazu bewegen, sich nicht trotz ihrer Dienstverpflichtung gegen einen Kriegseinsatz zu entscheiden.

    KDV rückläufig

    Tatsächlich ist zu beobachten, dass die Zahl der KDV seit 2015 rückläufig ist. Im Jahr 2015 machten 398 Menschen von diesem Recht Gebrauch, im Jahr 2019 nur noch 126. Im selben Zeitraum stiegt aber die Zahl der Entlassungen wegen mangelnder Eignung: “… von 37 (2015) auf 169 (2019). Für die Betroffenen kann dies z.T. sehr demütigend sein. Sie können sich auch niemandem innerhalb der Truppe anvertrauen. Außerdem kann es dauern, bis es zu einer Entlassung wegen mangelnder Eignung kommt.

    Auch die Zahl der Entlassungen wegen Dienstunfähigkeit steigt leicht: von 357 (2015) auf 483 (2019). Auch hier könnte ein Zusammenhang mit der Aushebelung des Rechts auf KDV bestehen.”.

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