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    China: Hafensperrung beeinträchtigt weltweite Lieferketten

    Wegen Anti-Corona-Maßnahmen in Südchina kommt es aktuell zu einem großen Schiffsstau im Hafen von Yantian. Dieser droht die derzeit herrschenden weltweiten Lieferengpässe weiter zu verschärfen. Die Rede ist von deutlich größeren Folgen für die Wirtschaft als während der Suezkanal-Panne im März. Angesichts des Rohstoff- und Vorprodukte-Mangels sieht die deutsche Industrie die Erholung nach der Krise in Gefahr.

    Der Hafen von Yantian in der südchinesischen Küstenprovinz Guangdong gehört zu den größten Drehkreuzen für den weltweiten Containerschiffsverkehr. Infolge einer Verschärfung der Anti-Corona-Maßnahmen in der Provinz ist der Betrieb dort momentan zur Hälfte heruntergefahren. Dies hat nach Angaben der Nachrichtenagentur Reuters zum größten Schiffsstau seit 2019 geführt. 84 Frachter liegen demnach vor dem Hafen fest.

    In Guangdong, das zu den wichtigsten Produktions- und Exportstandorten Chinas gehört, waren Ende Mai 150 neue Coronafälle gemeldet worden. Infolgedessen verhängte die chinesische Regierung strikte Kontrollmaßnahmen über die Region. Frachtern ist es seither nicht mehr erlaubt, ohne vorherige Reservierung in die großen Häfen von Yantian, Shekou, Chiwan und Nansha einzulaufen. Großreedereien wie das dänische Unternehmen Møller-Mærsk warnen deshalb vor erheblichen Lieferverzögerungen im Welthandel. Diese würden auch zu steigenden Preisen führen: „Ich würde sagen, dass dies aufgrund der Dauer und Bedeutung von Yantian als Eingangstor eine viel größere Unterbrechung darstellt als jene durch die Ever Given, die einige Tage im Suezkanal feststeckte“, so Vincent Clerk, Seefracht-Chef bei Møller-Mærsk.

    Deutsche Wirtschaftsberater schätzen die Folgen des Hafenstaus für die Weltwirtschaft als äußerst kritisch ein. Gabriel Felbermayer, Präsident des Kieler Instituts für Weltwirtschaft (IfW), nannte die Auswirkungen für Deutschland „erheblich“. Anders als während der Suezkanal-Panne im März seien nun die Handelswege von und nach Asien, Europa und die USA gleichzeitig beeinträchtigt. Die Probleme in den weltweiten Lieferketten wirkten sich in Deutschland vor allem auf die Industrieproduktion aus, so Felbermayer. Im Handelsindikator des IfW könne man die Bremsspuren aus den Logistikproblemen schon sehen.

    Viele Unternehmen beklagen schon seit geraumer Zeit Engpässe bei der Belieferung mit Rohstoffen und industriellen Vorprodukten. Vor allem Stahl, Holz, Dämmmaterialien, Kunststoffe und Computerchips sind derzeit schwer und nur zu deutlich verteuerten Preisen zu bekommen. Angesichts der Lieferengpässe sieht die deutsche Industrie die wirtschaftliche Erholung nach der Krise gefährdet. Die Bundesregierung hatte angesichts des Rohstoff- und Teilemangels kürzlich die staatlichen Kurzarbeitshilfen für Unternehmen verlängert.

     

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