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Samstag, April 20, 2024
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    Eine Welle von Kirchenaustritten rollt auf uns zu

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    Gut 440.000 Menschen sind im letzten Jahr aus den beiden großen christlichen Kirchen in Deutschland ausgetreten. Nach der Pandemie erwarten Expert:innen noch massivere Austrittswellen.

    Je fast genau 220.000 Menschen sind 2020 aus der evangelischen und katholischen Kirche ausgetreten. Da die katholische Kirche mit etwas über 22 Millionen gut eine Million Mitglieder mehr hat als die evangelische, schnitt die von Missbrauchsskandalen erschütterte römisch-katholische Fraktion des Christentums sogar relativ etwas besser ab.

    Dass zumindest medial das Thema Kindesmissbrauch bei der evangelischen Kirche weniger im Vordergrund steht, scheint also nicht vor der Kirchenflucht zu schützen. Kirchensoziologe Prof. Pollack aus Münster gibt gegenüber dem Redaktionsnetzwerk Deutschland andere Gründe als maßgeblich an. Die Menschen könnten einfach nichts mehr mit dem Glauben anfangen oder hielten die Institution Kirche allgemein für überholt.

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    Auch machen sich altersmäßige Unterschiede bei den Gründen für den Austritt bemerkbar. Ältere Kirchenmitglieder treten oft aus, weil sie mit dem Agieren der Kirche und den dazugehörigen Skandalen nicht einverstanden sind, jüngere eher, weil ihnen die Kirche insgesamt gleichgültig ist.

    Die Zahlen fallen dabei noch mehr als günstig für die großen Kirchen aus. Denn 2020 waren Kirchenaustrittsstellen über weite Teile des Jahres gar nicht geöffnet. Auch die Wirkung der erneuten Missbrauchsskandale wird sich vermutlich erst 2021 und 2022 in den Austrittszahlen widerspiegeln.

    Ohnehin dürfte es den Kirchen auf dem Papier zum Vorteil gereichen, dass kirchliche Betriebe gerade im sozialen Bereich noch immer mit die wichtigsten Arbeitgeber sind. Hier drohen teilweise schwerwiegende arbeitsrechtliche Konsequenzen bis hin zur Kündigung, wenn sich Beschäftigte für den Austritt entscheiden.

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    Zu den Austritten kommen jährlich noch einmal grob geschätzt genauso viele verstorbene Kirchenmitglieder, so dass die Kirchen unterm Strich jährlich etwa 0,8 Millionen Mitglieder verlieren. Durch in die Gemeinde der Christenheit Hineingeborene wird dies wohl kaum ausgeglichen. Nur 75 bis 80 Prozent der Familien, in denen mindestens ein Elternteil Kirchenmitglied ist, lassen ihr Kind überhaupt noch taufen – von deren christlicher Erziehung mal abgesehen.

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