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Samstag, April 20, 2024
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    Gerechtigkeit für Suruc, Gerechtigkeit für alle!

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    Heute ist der 6. Jahrestag des faschistischen Anschlags 2015 auf eine Delegation der sozialistischen Jugendorganisation “SGDF” in Suruc. Die Jugendlichen aus der ganzen Türkei hatten sich aufgemacht, um als Internationalist:innen den Wiederaufbau der vom IS zerstörten Stadt Kobane in Rojava zu unterstützen. – Ein Kommentar von Sakine Çiftçi

    Gemeinsam haben wir Kobane verteidigt, gemeinsam werden wir es wieder aufbauen!

    Unter dem Motto „Gemeinsam haben wir Kobane verteidigt, gemeinsam werden wir es wieder aufbauen!“ rief die Föderation sozialistischer Jugendvereine (SGDF) 2015 in einer breiten Kampagne zur Unterstützung des Wiederaufbaus des vom IS zerstörten Kobanes auf. Sie sammelten in verschiedenen Städten der Türkei und auch Nordkurdistans Spielzeug, Kleidung und andere Hilfsmittel für die Bevölkerung der Stadt, in der zum ersten Mal in seiner Geschichte der IS zurückgeschlagen werden konnte. Die Verteidigung Kobanes war ein Häuserkampf, die Frontlinien zogen sich mitten durch die Stadt, und der Sieg der Volks- und Frauenverteidigungseinheiten (YPG/YPJ) markierte den Anfang vom erfolgreichen Zurückschlagen des IS-Eroberungsfeldzugs.

    Kobane wurde zu einem Symbol für den Sieg der Revolution über den Faschismus. Deshalb riefen sozialistische Organisationen über das internationale Bündnis “ICOR” überall auf der Welt zur Unterstützung seines Wiederaufbaus auf – die Kampagne der SGDF war ein Teil dieser internationalen Solidaritätsarbeit.

    Die koordinierte Aktion zur Sammlung von Hilfsgütern dauerte ein halbes Jahr und an ihrem Abschluss stand die Reise dutzender Jugendlicher nach Kobane, um die gesammelten Spenden zu überbringen und direkt danach am Wiederaufbau der Stadt mitzuarbeiten. Suruc, die Stadt direkt an der Grenze zwischen der Türkei und Syrien (bzw. zwischen Nord- und Westkurdistan), war der letzte Stopp dieser Reise.

    Terroristen und Präsidenten

    Der Anschlag in Suruc war nicht nur ein Attentat, das noch einmal die Grausamkeit der Faschisten des IS bewies. Es zeigt auch sehr deutlich eine Tatsache, über die nur hinter vorgehaltener Hand gesprochen werden konnte: die Zusammenarbeit des faschistischen türkischen Staates mit den faschistischen Banden von IS und Co. Dieser Zusammenhang war schon lange ein offenes Geheimnis: wegen der etlichen Skandale durch die Aufdeckung der medizinischen Behandlung von IS-Kämpfern in der Türkei, den Waffenschmuggel-Wegen durch die Türkei und – besonders in den letzten Jahren – wegen des offenen Kriegs der Türkei gegen Rojava und Kurdistan mit Einsatz ehemaliger IS-Kämpfer als türkische Söldner, die sogar teilweise noch IS-Uniformen trugen und tragen.

    Trotz allem haben die Umstände des Attentats in Suruc diese Tatsache noch einmal besonders offen und schmerzhaft klar gemacht: Ein den Behörden bekannter und überwachter IS-Kämpfer schaffte es damals, unbehelligt und mit einer Bombe am Körper in die stark gesicherte Hochsicherheitszone von Suruc einzudringen. Zufällig wurde die Gruppe Jugendlicher von der Polizei noch auf- und hingehalten, so dass sie nicht ausreisen konnte, bis der Täter ankam. Nach dem Attentat verhinderte die Polizei zudem, dass überhaupt Rettungskräfte zu den Verletzten vordringen konnten, was noch einmal etliche Menschenleben kostete. Daher ist es heute nicht mehr zu widerlegen, dass das Attentat von Suruc unter eindeutiger Mitwisserschaft und Mittäterschaft des türkischen Staates passierte.

    Gerechtigkeit für Suruc, Gerechtigkeit für alle!

    Leider hat der Angriff am 20. Juli 2015 nicht sein Ende gefunden: Die Gewalt setzt sich fort durch Repressionen gegen die Überlebenden und ihre Angehörigen und gegen Widerstandskämpfer:innen im Allgemeinen.

    Von der ersten Stunde an wurde und wird keine ausreichende medizinische Versorgung für die Überlebenden gewährleistet, von der ersten Stunde an werden sie in den Krankenhäusern von der Polizei in Empfang genommen und mit Repressionen überzogen. So sitzen zum Beispiel aktuell die Suruc-Überlebenden Ugur Ok und Okan Danaci seit Monaten wegen Aussagen eines Verräters im Gefängnis und werden wegen ihres Kampfes für Gerechtigkeit und Frieden hinter Gittern gehalten. Doch im Prozess zur Aufklärung des Attentats gibt es weiterhin keinerlei Fortschritt.

    Auf den Spuren der 33 Reisenden

    Suruc hat für Revolutionär:innen verschiedene Bedeutungen: der Ort ist zum Symbol für Aufopferungsbereitschaft und grenzenlosen Internationalismus geworden. 33 Menschen wurden unsterblich auf dem Weg, eine in Trümmern liegende Stadt, in der die Revolution verteidigt wurde, wieder aufzubauen. Sie waren auf dem Weg, ein Teil der Revolution von Rojava zu werden.

    Warum unsterblich? Weil der Weg, den diese Menschen gegangen sind, mit ihnen nicht geendet ist. Unzählige andere junge Revolutionär:innen sind durch Suruc aufgeweckt worden und haben ein Versprechen geleistet: nämlich diese Reise zu Ende zu führen, das Werk der Genoss:innen zu erfüllen. Auch wenn diese 33 Genoss:innen es nicht geschafft haben, ist die Delegation in Kobane angekommen. Sie haben die Spenden verteilt, Bäume gepflanzt und die Häuser wieder aufgebaut. Die 33 Gefallenen leben weiter in denen, die jeden Tag ihrem Weg nach Rojava und zur Revolution folgen.

    Gerade heute ist dieses internationalistische Vermächtnis, das uns die Gefallenen von Suruc hinterlassen haben, umso wichtiger: viele Städte Rojavas – von Serekaniye bis Efrin – sind vom Militär des faschistischen türkischen Staates und seinen islamistischen Söldnern besetzt. Nichts unterscheidet sie von den Menschenfeinden des IS, die damals Rakka besetzt hielten und Kobane angriffen. Mit der selben Entschlossenheit, mit der damals Kobane verteidigt und später Rakka befreit wurde, müssen wir heute auch die anderen Teile Rojavas verteidigen und die besetzten Gebiete befreien!

    Mit dem selben internationalistischen Mut und Aufopferungsgeist, wie ihn die Genoss:innen in Suruc gezeigt haben, müssen auch wir heute kämpfen: als Antifaschist:innen, als Antiimperialist:innen, als Internationalist:innen, als Revolutionär:innen. Lassen wir die Gefallenen von Suruc in unserem Kampf weiterleben!

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