Die Deutsche Umwelthilfe und Greenpeace kündigten an, in Zukunft gegen Konzerne zu klagen, die sich nicht an die Vorgaben des Pariser Klimaabkommens halten. Der CDU-Wirtschaftsrat stellt sich dagegen und fordert ein Verbot von Klimaklagen gegen Großkonzerne. – Ein Kommentar von Tabea Karlo.
Vor wenigen Tagen kündigten die Deutsche Umwelthilfe (DUH) und Greenpeace gemeinsam an, Konzerne in Zukunft verstärkt auf mehr Klimaschutz zu verklagen. Damit möchten sie nach eigener Aussage erreichen, dass die Konzerne ihr Geschäftsmodell so anpassen, dass sie die Ziele des Pariser Klimaabkommens erfüllen. Sie berufen sich dabei unter anderem auf ein Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom März 2021, in dem das Gericht ambitionierteren Klimaschutz des Gesetzgebers anmahnte.
Passend zum Start der Internationalen Automobil Ausstellung in München (IAA) richtet sich eine der Hauptforderungen an die Automobilkonzerne VW, Daimler und BMW. Diese sollen bereits bis 2030 den Verkauf von Verbrennungsmotoren stark reduzieren und ihn ab dann ganz einstellen. Mercedes wies diese Forderung bereits öffentlich zurück.
Doch DUH und Greenpeace fordern nicht nur die Autokonzerne zum Handeln auf. Vom Öl- und Gasproduzenten Dea fordern sie, ab 2026 keine neuen Öl- und Gasfelder mehr zu erschließen. Wintershall Dea gehört zu zwei Dritteln dem Chemie-Unternehmen BASF und bezeichnet sich als „führenden unabhängigen Erdöl- und Erdgaskonzern Europas“.
Mit ihren Forderungen haben die Umweltverbände offen wunde Punkte getroffen, denn nicht nur die Konzerne wehren sich: Auch der CDU-Wirtschaftsrat meldet sich zu Wort und fordert, entsprechende Klimaschutzklagen gegen Großkonzerne gesetzlich verbieten zu lassen.
»Wenn Aktivisten zur eigenen Profilierung Unternehmen öffentlichkeitswirksam mit juristisch fragwürdigen Klagen überziehen, grenzt das an Rufmord«, sagte Wirtschaftsrat-Generalsekretär Wolfgang Steiger der Augsburger Allgemeinen. Der Gesetzgeber müsse solchen ideologisch-motivierten „Shownummern“ einen Riegel vorschieben.
Der junge Mann (Jahrgang 1964) hat vielleicht von vielen Dingen eine Ahnung, von Jura allerdings nicht, denn dann wüsste er, dass man für Rufmord etwas Unwahres sagen muss. Und dass sich deutsche Konzerne nicht grade den „Arsch aufreißen“, um Klimaschutz zu betreiben, ist weder unwahr, noch ein großes Geheimnis. In etwas anderem ist Steiger allerdings dann doch sehr qualifiziert und zwar im Vorantreiben und Leiten sämtlicher Lobby-Aktivitäten der CDU.
Der CDU-Wirtschaftsrat, in dessen Namen er diese doch eher fragwürdige Aussagen getroffen hat, ist nämlich ein „parteiunabhängiger“ bundesweiter Verband, der von 12.000 Unternehmern getragen wird. Laut einem Bericht der Organisation “Lobbycontrol” ist der Wirtschaftsrat de facto ein Lobbyverband mit privilegiertem Zugang zur Spitze der CDU, inklusive einer kooptierten Mitgliedschaft im CDU-Vorstand. Das mit der „Parteiunabhängigkeit“ wäre dann auch geklärt, aber mit dieser Regelung darf man halt bis zu 5-stellige Geldbeträge von Unternehmen annehmen, und das macht der Wirtschaftsrat dann auch glatt.
Die Position der Mitglieder des Wirtschaftsrats zum Klimawandel lässt sich an verschiedenen Aspekten aufzeigen: zum einen hätten wir da die Mitglieder, zu denen unter anderem RWE zählt. Der Konzern, der sich regelmäßig auf grüne Energien beruft, dann aber doch einen erheblichen Teil seines Stroms mit Braunkohle produziert und hinterrücks den Hambacher Forst abholzen lässt.
Zum anderen hätten wir dann noch ihre öffentlichen Positionen und Veranstaltungen. 2019 zum Beispiel lud sich der Thüringer Ableger des CDU-Wirtschaftsrats einen Referenten des Vereins “EIKE” zu einer Abendveranstaltung ein, um sich bei Klimathemen beraten zu lassen. EIKE leugnet den menschengemachten Klimawandel. (Kleiner Side-Fact: Einer der Landesvorstandsmitglieder Thüringens, Peter Schmidt, war auch Organisator einer der Corona-Demonstrantionen.)
Der Landesverband in Hamburg möchte aber die zweifelhafteste Ehre, die absurdesten Positionen zum Klimawandel zu vertreten, nicht kampflos an die Thüringer Abteilung abgeben. Sie luden sich von 2019-2020 prompt Fritz Vahrenholt zur Beratung in Klimafragen ein.
Der liebe Fritz ist wegen seiner fragwürdigen Einstellung im Bereich Klimapolitik aus der deutschen Wildtier-Stiftung geflogen. In einer Artikelserie, die er gemeinsam mit Sebastian Lüning in der Bild veröffentlichte, heißt es bereits in der Überschrift: „Seit 12 Jahren ist die Erd-Erwärmung gestoppt!“.
Den Klimawandel nimmt der Wirtschaftsrat zwar nicht so ernst, die Rettung der „deutschen Demokratie“ dafür aber schon. Klimaschutzgesetze und einen Expertenrat in Klimafragen, nach dem Vorbild des “Committee on Climate Change” in Großbritannien lehnt er nämlich ab, um diese zu schützen.
„Das letzte was Deutschland benötigt, ist eine weitere Ideologisierung der Umwelt- und Klimapolitik ohne wirtschaftlichen Sachverstand“, äußert sich der Generalsekretär Wolfgang Steiger. „Würde ein demokratisch nicht legitimierter ,Klimarat‘ staatlich vorgegebene Reduktionsziele für einzelne Sektoren überprüfen und Verfehlungen bestrafen, wäre das nichts anderes als ein großer Schritt in Richtung Planwirtschaft ohne Sachverstand.”
Die sozialistische Planwirtschaft soll nur noch zwei halbgare Klimaschutzmaßnahmen entfernt sein? Schön wär’s, aber ich kann nicht wirklich dran glauben.
Auch die Sorge um demokratische Legitimation könnte ich Steiger besser abkaufen, wenn er nicht Vorsitzender eines Lobbyverbands wäre. Das ist allerdings nicht das einzig „Witzige“ an seinem Kommentar. Aufgestoßen ist mir vor allem noch das Wort “Sachverstand”, denn das beißt sich doch massiv mit den Klimaberatern, die sich der Wirtschaftsrat bisher eingeladen hat.
Zur Frage nach Ideologisierung der Umwelt- und Klimapolitik bleibt nur zurück zu fragen: Was soll eine ideologiefreie Klimapolitik denn sein? Außer inhaltslos natürlich …
Den CDU-Wirtschaftsrat würde ich alles in allem also eher als unqualifiziert ansehen, was Klimafragen betrifft. Das sieht scheinbar auch die Deutsche Umwelthilfe so, denn auf die Forderung des CDU-Wirtschaftsrats antwortetet sie: „Die Klimaziele gelten alle für alle“. Etwas, das grade zwar leider mehr Wunschdenken ist als Realität, aber das zumindest die Richtung aufzeigt, in die es gehen sollte.