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Donnerstag, April 25, 2024
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    Ehemalige KZ-Sekretärin flieht vor Prozessbeginn

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    In Itzehoe sollte heute der Prozess gegen die KZ-Sekretärin Irmgard F. beginnen. Ihr wird Beihilfe zum Mord in mehr als 11 000 Fällen vorgeworfen. Gegen die flüchtige 96-jährige wurde nun Haftbefehl erlassen.

    In einer Industriehalle in Itzehoe sollte am heutigen Donnerstag erstmals einer „zivilen“ Angestellten eines Konzentrationslagers der Prozess gemacht werden. Die 96-jährige Irmgard F. soll im Alter von 18 und 19 Jahren als Sekretärin des KZ Stutthof von den Vorgängen im Lager gewusst haben. Sie ist wegen Beihilfe zum Mord in 11 370 vollendeten und 7 versuchten Fällen angeklagt.

    Wie der Richter der Jugendkammer mitteilte, sei F., die in einem Pflegeheim in Quickborn lebt, jedoch nicht auffindbar gewesen. Nun wurde Haftbefehl erlassen.

    „Sie soll den Verantwortlichen des Konzentrationslagers Hilfe bei der systematischen Tötung von Gefangenen geleistet haben“, sagt Peter Müller-Rakow, Sprecher der Staatsanwaltschaft. Dabei gehe es um jüdische Gefangene, polnische Partisan:innen und sowjetische Kriegsgefangene.

    F. sagte bereits 1954 und 1962 als Zeugin aus. Nun hüllt sie sich als Angeklagte in Schweigen über ihre Tätigkeit in dem KZ bei Danzig zwischen 1943 und 1945.

    Nebenklage-Anwalt Onur Özata, der bereits im NSU-Prozess Nebenklage geführt hatte, wirft der Staatsanwaltschaft vor, länger als nötig ermittelt zu haben – nämlich vier Jahre. Der Prozess ist nun für weitere neun Monate angesetzt. In Anbetracht des Alters der Angeklagten kann er also möglicherweise gar nicht zu Ende geführt werden. Überhaupt werden erst seit 2011 auch Prozesse wegen Beihilfe zum Mord im Zuge der Verbrechen des Nazifaschismus in Deutschland geführt.

    Auch der Historiker Jens-Christian Wagner wirft den deutschen Behörden Verschleppung vor. So sind viele Nazi-Verbecherinnen und -Verbrecher inzwischen verstorben. „Es fehlte vielfach ein wirklicher Ahndungswille, was kein Wunder ist, weil viele Juristen NS-belastet gewesen sind“, so Wagner.

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