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    Von der Bruchbude zum Luxusobjekt: „Es braucht Widerstand!“

    Nadine und ihr Freund sind vor Kurzem in Leipzig umgezogen. Ein ganz normaler Vorgang. Für die alte Wohnung wollten sie schnellstmöglich eine Nachmieter:in finden. Doch die Hausverwaltung legte ihnen Steine in den Weg und entschied sich die Miete um fast 100% zu steigern. Ein Interview.

    Wie ist die aktuelle Situation auf dem Leipziger Wohnungsmarkt?

    Mein Freund und ich wollten näher bei der Arbeit wohnen. Wir haben unsere eigenen Vorstellungen und wollten beispielsweise ins Dachgeschoss ziehen. Da 8 von 10 Wohnungen aktuell an WGs vermietet werden und wir uns eine Wohnung angeschaut haben, die nicht WG-geeignet ist, konnten wir tatsächlich schnell eine 2-Raumwohnung finden, die allerdings viel teurer ist, als unsere jetzige.

    Allerdings haben wir da auch Glück gehabt. Viele Freund:innen haben es extrem schwierig eine neue Wohnung zu finden. Entweder werden von vornherein keine Umzugspläne gemacht, weil die Wohnungen viel zu teuer sind oder sie suchen eine neue Wohnung und stellen dann fest, dass sie die Miete nicht bezahlen könnten. Beispielsweise wollte eine Freundin in die Nachbarwohnung ziehen. Sie kannte die Vormieter und den Mietpreis. Als sie dann einziehen wollte, war die Miete allerdings 200€ teurer. Sie hat sich dann gegen den Umzug entschieden.

    Passiert so eine Teuerung auch bei eurer alten Wohnung?

    Für mich war vor dem Umzug die Bedingung, dass wir die Wohnung an eine neue Mieter:in abgeben, damit der Mietpreis stabil bleibt. Auch bei unserem Einzug vor vier Jahren haben wir den alten Mietvertrag übernommen ohne dass sich die Miete verändert hat. Außerdem haben wir eine dreimonatige Kündigungsfrist, sodass wir gerade doppelte Miete zahlen. Uns war also klar, dass wir eine Nachmieter:in finden müssen.

    Demnach wollten wir eine Person finden und alle Unterlagen (Selbstauskunft, Kontoauszüge, etc.) dem Vermieter zukommen lassen. Das war allerdings von Vermieterseite nicht gewollt – im Gegenteil: Die Vermietung wollte sich selbst darum kümmern. Dennoch haben wir uns auf die Suche gemacht und eine Nachmieter:in gefunden. Als die Berwerber:in die Unterlagen eingereicht hat, wurde uns auf Nachfrage mitgeteilt, dass das Einkommen der Nachmieter:in nicht ausreicht. In dem Moment wurde uns klar, dass unsere alte Wohnung eine Mietpreissteigerung erhalten soll. Von 373€ (5,80€ pro m²) auf mindestens 700€ (8,50€ pro m²) kalt, wurde uns am Telefon mitgeteilt.

    Wie ist das möglich?

    Das hat mich auch überrascht und furchtbar aufgeregt. Die Wohnung verändert sich nicht und die Steigerung ist jenseits von Gut und Böse. Das schlimme daran: diese Profitmaximierung ist rechtens und die Vermietung kann das einfach durchziehen. Das hat auch mit den Kosten für die Wohnung, wie Instandhaltung, nichts mehr zu tun! Die Wohnung wird einfach verteuert, weil sie im privaten Besitz ist.

    Bei unserer Nachbarwohnung war das ähnlich. Hier hat die Vermietung einen noch höheren Quadratmeterpreis veranschlagt und bisher wurden alle Bewerber:innen abgelehnt.

    Wird eure alte Wohnung saniert?

    Nach dem Telefonat habe ich die Vermietung nochmal angerufen und gesagt, dass sie die Wohnung im jetzigen Zustand so nicht vermieten können. Zumal ich auch kein Interesse daran habe, Nachmietern eine Wohnung in dem Zustand für 8,50 € anzudrehen. Daraufhin kam eine Angestellte der Vermietung vorbei und sagte, dass aufgrund der Schäden der Quadratmeterpreis auf 8,00€ pro m² gesenkt werden würde. Trotzdem haben wir das Problem, dass niemand die Wohnung haben will.

    In der ganzen Wohnung sind Schäden, die im Nachgang nur notdürftig angegangen werden. Die Wohnung ist ein ausgebauter Dachboden. Das heißt, dass die Dämmung des Bodens schlecht ist. Gleichzeitig wurde der Boden schlecht verlegt. Die Fliesen im Bad und in der Küche sind gerissen und das Laminate schiebt sich auseinander. Dadurch entsteht auch eine extreme Lärmbelastung für die Mieter:innen unter uns. Die Gläser wackeln allerdings nicht nur bei denen, wenn wir uns bewegen, sondern auch bei uns selbst im Schrank.

    Wie schon erwähnt ist das Bad ziemlich abgenutzt und renovierungsbedürftig. Dadurch, dass es kein Fenster im Badezimmer gibt, bildet sich Schimmel, den man nicht mehr so einfach wegbekommt. Der wurde bei unserem Einzug zwar mit Schimmelentferner gründlich entfernt, aber der Schimmel kam natürlich wieder. Wir haben ihn dann selbst diverse Male entfernen müssen. In unserer Küche ist Tauwasser hinter der Decke eingedrungen. Auch das Problem wurde bis heute nicht analysiert oder behoben.

    Das Haus an sich wurde seit 15 Jahren nicht mehr saniert oder renoviert. Dadurch ist alles schon ein wenig heruntergekommen und abgenutzt.

    Wie steht es um die Hauseigentümer:in?

    Das Haus hat in den letzten vier Jahren zweimal die Eigentümer:in gewechselt. Anfangs war es eine Privatperson, die extrem knausrig war und nichts im Haus gemacht hat. Allerdings hielt sie sich auch mit Mietsteigerungen zurück. Danach hat das Eigentum gewechselt und wir konnten ein paar Schäden reparieren lassen. Aber das war auch nur im begrenzten Rahmen. Die neuen Vermieter:innen sehen in dem Haus offenbar vor allem eine Profitquelle. Obwohl das Haus unter Milieuschutz steht, wurden hier einfach Balkone angebracht, die mit willkürlichen Mieterhöhung einhergehen sollten. Daraufhin hat das Haus begonnen sich zu vernetzen und es wurde Widerspruch eingelegt. Innerhalb dieses Prozesses wurde das Haus plötzlich erneut verkauft und gehört jetzt der RuRock GmbH. Was aus den Mietsteigerungen wird ist aktuell noch unklar, aber die Mieter:innen rechnen damit, dass versucht wird so viel wie möglich zu steigern.

    Wie kann man sowas verhindern?

    Es braucht Widerstand, auch wenn das alles rechtens ist. Ich will es nicht unwidersprochen hinnehmen, das sowas einfach gängige Praxis ist. Auch wenn ich mich in der Vergangenheit viel zu passiv verhalten habe. Gab es Probleme, so bin ich zur Hausverwaltung gegangen. Wenn die Hausverwaltung nicht reagiert hat, habe ich das Problem auch verschoben. Was ich gelernt habe ist, dass es Probleme gibt, die nur mit der Organisierung der Mieter:innen selbst angegangen und gelöst werden können. Die Organisierung gegen die willkürliche Mieterhöhung bezüglich der montierten Balkone hat bei mir den Stein ins Rollen gebracht. Es ist wichtig, dass wir miteinander kommunizieren. Auch wir werden dem Mieter:innen Bescheid geben, dass unsere Wohnung fast 100% teurer vermietet werden soll. Nur so gelingt es geschlossen aufzutreten, Dinge zu fordern und Selbstbewusstsein zu schöpfen. Nur so können wir den Vermieter:innen ihre Grenzen aufzeigen.

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