`

More

    Mehr als 1,1 Millionen diagnostizierte Alkoholkranke in Deutschland

    Einer Studie der Barmer Krankenkasse zufolge sind mehr als 1,1 Millionen Menschen in Deutschland alkoholabhängig. Dabei zeigen sich deutliche Unterschiede zwischen den Bundesländern. Die ökonomische Lage der Menschen und die Lockdown-Regelungen spielen ebenso eine wichtige Rolle.

    Über die Weihnachtsfeiertage steigt in den deutschen Haushalten der Alkoholkonsum. Für viele gehört ein Glas Wein oder ein kaltes Bier zum gemeinsamen Essen dazu. Für mehr als eine Millionen Menschen in diesem Land ist Alkohol aber nicht mehr nur ein Genussmittel, sondern ein Suchtmittel.

    Laut einer Studie der Barmer Krankenkasse, die dem Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND) vorliegt, attestierten Ärzt:innen bei mehr als 1,1 Millionen Menschen eine Alkoholabhängigkeit. Dabei wird von einer Alkoholabhängigkeit ausgegangen, wenn mindestens drei der Folgenden Kriterien zutreffen (Barmer):

    • ein starkes Verlangen nach Alkohol,
    • es wird immer mehr Alkohol benötigt, um eine Wirkung zu spüren,
    • ohne Alkohol treten Entzugserscheinungen wie Zittern oder Angst auf,
    • weitertrinken, obwohl dies bereits zu Problemen geführt hat (zum Beispiel Fehlzeiten, Abmahnungen, Unfällen oder Konflikten),
    • der Verlust von Interesse an anderen Dingen (z.B. Hobbies) durch das Trinken oder die Missachtung von Verpflichtungen,
    • Kontrollverlust über das Trinkverhalten (also nicht mehr entscheiden können, wann, wie viel, wie oft und wo die Person Alkohol trinkt).

    Besonders betroffene Gruppen und Regionen

    Laut der Studie seien Männer wesentlich häufiger alkoholkrank als Frauen. So gelten 820.000 Männer und 329.000 Frauen diagnostiziert als alkoholabhängig. Das heißt, dass statistisch gesehen auf jede alkoholkranke Frau etwa 2,5 alkoholkranke Männer kommen.

    Besonders betrifft der Alkoholismus Menschen der zweiten Lebenshälfte. „Alkoholismus manifestiert sich in der Regel über viele Jahre und kommt vor allem in der Generation der Babyboomer der 50er- und 60er-Jahre vor“, so die leitende Barmer-Medizinerin Ursula Marschall.

    Vergleicht man die Bundesländer zeigen sich auch große Unterschiede ab. Während der Bundesschnitt bei etwa 14 Alkoholkranken je 1.000 Personen liegt, liegen vor allem die östlichen und nördlichen Bundesländer drüber.

    In Sachsen sind 19 je 1.000 Personen alkoholkrank, in Berlin, Brandenburg, Sachsen-Anhalt und Thüringen sind es je 17 pro 1.000. Aber auch im Norden hat neben Bremen auch Hamburg mit 18 Betroffenen je 1.000 eine sehr hohe Anzahl an Alkoholabhängigen. Kurz darauf folgt Schleswig-Holstein mit 17 Betroffenen. Es folgen Niedersachsen (14), Bayern (13) und Nordrhein-Westfalen, Hessen, Baden-Württemberg und das Saarland mit je zwölf pro 1.000 Personen. Das Bundesland mit am wenigsten Alkoholabhängigen ist Rheinland-Pfalz mit elf je 1.000 Personen.

    Dabei ist klar, dass diese Unterschiede nicht alleine durch medizinische Faktoren erklärt werden können: „Die massiven regionalen Unterschiede bei der Alkoholabhängigkeit sind rein medizinisch nicht erklärbar. Hier dürften auch soziodemographische Faktoren eine Rolle spielen“, so Marschall.

    Der Lockdown als Herausforderung

    In den vergangenen fünf Jahren ist die Zahl der Alkoholabhängigen von 1,09 Millionen auf 1,15 Millionen gestiegen. Dabei hatte es von 2019 auf 2020 einen leichten statistischen Rückgang gegeben, der aber vermutlich durch die vielen entfallenen Arztbesuche zu erklären ist.

    Besonders die Lockdown-Regelungen wie Ausgangssperren, Einschränkungen der Freizeitgestaltung und Kontaktbeschränkungen stellen die Betroffenen vor eine große Herausforderung. Dazu kommen die Auswirkungen der Wirtschaftskrise, durch welche viele ihre Arbeitsstelle verloren haben oder in Kurzarbeit geschickt wurden.

    Auch das Homeoffice kann für Betroffene eine Herausforderung sein, da die soziale Kontrolle durch die Kolleg:innen eingeschränkt und die Hürde zur Flasche zu greifen gemindert ist.

    Die mobile Version verlassen