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Donnerstag, April 25, 2024
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    Wird die Impfpflicht uns vor Corona retten?

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    Wegen einer tödlichen Mischung aus neuen Virusmutationen, Impfskepsis, begrenzt wirksamen Impfstoffen und kapitalistischem Krisenmanagement ist das Ende der Pandemie in weite Ferne gerückt. Auch dir zur Zeit kontrovers diskutierte Impfpflicht wird die Pandemie nicht beenden. Ein Kommentar von Clara Bunke

    Immer wieder sind wir mit der Situation konfrontiert, dass Menschen ganz natürlich annehmen, dass wir als linke und sozialistisch gesinnte Menschen selbstverständlich für eine sofortige staatliche Impfpflicht eintreten müssten.

    Leider geht dieser Gedanke auf das bürgerliche politische „Links-Rechts-Schema“ zurück, in dem „Links“ oftmals für diejenigen steht, die einen starken Staat fordern. Als Sozialist:innen ist aber bekanntlich unser Ziel nicht nur eine Gesellschaft ohne Ausbeutung und Unterdrückung, sondern konsequenterweise auch eine ohne Staat als Unterdrückungsinstrument.

    Inhaltlich ist zum Thema – diesmal gleich vorweg – zu sagen, dass Corona-Impfungen selbstverständlich eine medizinische Errungenschaft sind und eine der wenigen Dinge sind, die effektiv vor (zumindest schweren Verläufen) der Krankheit schützen.

    Dass der Impfstoff auf der Welt äußerst ungleich verteilt ist und von großen Pharmakonzernen riesige Profite aus den Impfungen geschlagen wird, ist ein wesentlicher Grund dafür, dass sich das Virus in großen Teilen der Welt ungebremst verbreiten kann und damit auch die Gefahr, neuer Mutationen wächst.

    Also Ja zur Impfpflicht?

    Sollen wir deshalb „Ja“ zur Impfpflicht sagen? Die Impfpflicht als Maßnahme ist die Kehrseite der absoluten Hilflosigkeit der (alten und neuen) Regierung. Sie hat sich die Aufgabe gestellt, die Pandemie in einem kontrollierbaren Rahmen zu halten und zugleich die Profite der Kapitalist:innenklasse möglichst wenig zu beschneiden.

    Hinzu kommt, dass zahlreiche geimpfte und ungeimpfte Menschen unter den enormen Belastungen von zwei Jahren Corona-Politik leiden und verständlicherweise erwarten, dass die Regierung die gemachten Versprechen, dass die Impfung zurück zur Normalität führt, wahr macht.

    Die bittere Realität ist aber, dass das absehbar nicht funktionieren wird. Die Impfstoffe – so wichtig sie sind – stoßen an ihre Grenzen gegenüber dem schnell mutierenden Virus und sind logischerweise ihrerseits noch nicht optimiert. Erschwerend kommt hinzu, dass in zahlreichen kapitalistischen Konzernen getrennt an ihrer Weiterentwicklung geforscht wird.

    Solange aber mit neuen Varianten wie Omikron, das Ansteckungsrisiko sprunghaft ansteigt, wird die Bundesregierung immer wieder in die Situation kommen, dass sie das Privatleben und die Freizeit der Bevölkerung massiv beschneiden muss, um die Wirtschaft nicht antasten zu müssen.

    Denn selbst bei einer komplett geimpften Bevölkerung würde ein ungehemmtes Wachstum an einem bestimmten Punkt die Kapazitätsgrenzen des kaputt gesparten Gesundheitssystems sprengen, insbesondere, da Zehntausende Pfleger:innen unter den enormen Belastungen der Pandemie gekündigt haben.

    Die Impfpflicht bleibt unterm Strich also die nächste Karotte, die uns die Bundesregierung vor die Nase hält und uns dabei die „Freiheit“ und „Normalität“ verspricht. Das alles tut sie, um der eigenen Bevölkerung nicht offen ins Gesicht sagen zu müssen, dass niemand seriös voraus sagen kann, wann die Pandemie überwunden ist und wie wirksam die nächste Generation von Impfstoffen seien wird, wenn sie denn überhaupt in die Massenproduktion geht.

    Der  momentan durch die Medien gehende Vorstoß von Christian Drosten, eine 1G-Regelung (Zugang nur für Geboosterte) zu erwägen gibt eine Vorgeschmack darauf, wie wenig verlässlich die Daten zu den Impfstoffen sind.

    Ebenso die Tatsache, dass kurz vor Weihnachten der empfohlene Zeitpunkt für die Boosterimpfung quasi über Nacht von sechs Monaten nach der Zweitimpfung auf drei Monate vorgezogen wurde, gleichzeitig werden auch die „Impfzertifikate“ jetzt bereits nach neun Monaten nicht mehr als gültig anerkannt, es ist wohl nur eine Frage der Zeit wann dieses auf sechs Monate reduziert wird.

    Also auf die Straße gegen die Impfpflicht?

    Die Impfpflicht stellt einen Eingriff in die Entscheidungsfreiheit der Menschen dar. Unter dem Druck stehend, Handlungsfähigkeit und einen schlagkräftigen Plan gegen Corona zu simulieren, wird dieser Weg durch die Regierung beschritten.

    Dabei gibt es keinen Platz mehr für individuelle Risikoabwägung, für berechtigte oder unberechtigte Ängste oder schlicht für die Entscheidung, nach einer überstandenen Infektion und zwei Impfungen, nicht auch noch die dritte, vierte und fünfte zu absolvieren, insbesondere, da dies eben keinen absoluten Schutz vor Infektion, Erkrankung und Quarantäne bietet.

    Dennoch sollten wir hieraus nicht den Schluss ziehen, nun den „Kampf gegen die Impfpflicht“ zur Hauptaufgabe zu machen. Dass zur Zeit die größte Bewegung in diesem Land nur wegen dieses Themas auf die Straße gehen ist nichts gutes.

    Mit einer seit Jahren anhaltenden Wirtschaftskrise, enormer Teuerung, Entlassungswelle auf Entlassungswelle und eben immer wieder verordneten Lockdowns und Grundrechtseinschränkungen, bei denen kleine Selbstständige, ebenso wie Familien in kleinen Wohnungen über die Klinge springen, sind die objektiv viel größeren Probleme für uns Arbeiter:innen. Hier müssen wir mit unserer Politik ansetzen und eine progressive Bewegung für unsere Interessen aufbauen.

    Es ist an uns Sozialist:innen die entsprechende Antwort zu geben und auf den Straßen sichtbar zu organisieren. Das stark von esoterischen bis faschistischen Kräften besetze Thema „Impfpflicht“ ist dafür denkbar ungeeignet. Nichtsdestotrotz bleibt es unsere Aufgabe, nicht unüberlegt in die Regierungspropaganda einzustimmen, die doch die Hilflosigkeit im Angesicht der Pandemie nur mühsam bemäntelt. Die Pandemie ist eben keine reine Gesundheitsfrage, sondern eine Frage des Klassenkampfes!

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