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Donnerstag, April 18, 2024
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    Gedenken an Hanau: “Die Zäsur nach Hanau gibt es nur, wenn wir keine Ruhe geben!”

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    In ganz Deutschland und auch international haben gestern Gedenkveranstaltungen und Proteste anlässlich des zweiten Jahrestags des Attentats in Hanau stattgefunden. Die Teilnehmer:innen haben der Ermordeten gedacht und Forderungen gegen den rechten Terror auf die Straße getragen. Die Angehörigen in Hanau, aber auch Demonstrationen in anderen Städten, mussten ihr Gedenken dabei gegen Behörden und Polizei verteidigen.

    In Hanau haben den ganzen Tag über mehrere Gedenkveranstaltungen und Versammlungen stattgefunden. Schon im Vorhinein veröffentlichten die Angehörigen ein Statement zum offiziellen Gedenken am Hanauer Friedhof. Denn:  Wer der Veranstaltung beiwohnen durfte, das entschied das Land Hessen, nicht die Angehörigen.

    “Viele, die sonst an jedem 19. an unserer Seite sind, bleiben durch die Auflagen des Landes Hessen ausgeschlossen. Uns erreichen seit der kurzfristigen Bekanntgabe der Auflagen zahlreiche Nachfragen. Darauf zu reagieren, fällt schwer und schmerzt. Wer eingeladen wird und wer nicht, das haben wir, die Familienangehörigen, nicht entscheiden können.” Tatsächlich kam es am Hanauer Friedhof zu Situationen, in denen Freund:innen der Toten mit Platzverweisen gedroht wurde.

    “Druck machen von unten, damit sich oben was bewegt!”

    Die größte Versammlung in Hanau eröffnete Cetin Gültekin, der Bruder von Gökhan Gültekin, mit einer Rede: “Wir wollen Konsequenzen. Wir haben es in den letzten zwei Jahren immer wieder erfahren: Nichts passiert und nichts ändert sich, wenn wir keinen Druck machen! Die Zäsur nach Hanau, einen wirklichen Einschnitt gibt es nur, wenn wir keine Ruhe geben! Wenn wir Druck machen von unten, damit sich oben was bewegt.”

    Erst am Ende des Tages konnte die “Initiative 19. Februar” ein selbstbestimmtes Gedenken organisieren: “Es ist immer noch der 19. Februar in Hanau. Staatsbesuche und Blitzlichtgewitter haben heute viel Aufmerksamkeit beansprucht. Genug davon. Heute Abend um 21.30 gedenken wir – ohne Gästeliste – am Heumarkt und in Kesselstadt und halten nach einem lauten Tag gemeinsam inne.” Immer wieder thematisierten die Redebeiträge: Die Menschen in Hanau werden sich mit symbolischen Besuchen hochrangiger Politiker:innen nicht zufrieden geben.

    Tausende auf den Straßen

    In Berlin kamen 7.000 Menschen zusammen, um zu gedenken und Forderungen auf die Straße zu tragen.

    Auch in München versammelten sich Tausende, um an die Toten zu erinnern und gegen den rechten Terror zu demonstrieren. Dort baute sich die Polizei bereits am Startort der Versammlung auf und versuchte von Beginn an, die kraftvolle Demonstration durch Kessel zu überschatten. Während der Demonstration kam es zu Provokationen seitens der Polizei und teils heftiger Polizeigewalt. Selbst, als die Teilnehmer:innen auf dem Heimweg in ihre Bahnen steigen wollten, zeigen Videoaufnahmen, wie Polizist:innen versuchen, Transparente zu entreißen und auf Versammlungsteilnehmer:innen einzuschlagen.

    Zahlreiche Gedenkorte

    Außer dem Denkmal am Hanauer Heumarkt, einem der zwei Tatorte, erinnern an vielen Orten kleine und größere Gedenkstätten an das Attentat. In vielen Städten, wie beispielsweise in Frankfurt, wurde das Gedenken im Stadtbild verankert. Dort startete die Demonstration mit mehr als tausend Menschen an der Friedensbrücke, wo ein großes Graffiti die Porträts der Ermordeten zeigt.

    Die Straße in Singureni/Rumänien, in der das Opfer Vili Viorel Păun aufgewachsen ist, wurde vor wenigen Tagen von offizieller Seite in die Vili-Viorel-Păun-Straße umbenannt – er hatte noch versucht, den Täter zu stoppen. In Deutschland gab es solche Umbenennungen zwar nicht von offizieller Seite, dennoch wurden in den Tagen vor dem 19. Februar zahlreiche Straßen in Gedenken an Gökhan Gültekin, Sedat Gürbüz, Said Nesar Hashemi, Mercedes Kierpacz, Hamza Kurtović, Vili Viorel Păun, Fatih Saraçoğlu, Ferhat Unvar und Kaloyan Velkov umgewidmet.

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