Die Heiz- und Stromkosten explodieren – viele Menschen erwartet eine hohe Nachzahlung im Sommer. Im Juni will die Bundesregierung Bezieher:innen von Wohngeld einen Zuschuss zahlen, Studierenden jedoch nur auf Antrag. Die Höhe des Zuschusses hat ein kapital-nahes Institut “errechnet” – kein Wunder, dass er nicht mal ansatzweise für die zu erwartenden Mehrkosten reicht.
Gas- und Strompreise explodieren. Die Bundesregierung hat nun öffentlich erklärt, ärmeren Haushalten im Juni einen Zuschuss zu zahlen. So sollen Alleinlebende, die Wohngeld beziehen, 135 Euro erhalten, Zwei-Personen-Haushalte 175 Euro. Für jedes weitere Familienmitglied sollen 35 Euro dazu kommen. Die selbe Unterstützung erhalten BAföG-Bezieher:innen – aber nur, wenn sie einen Antrag stellen.
Werden diese Finanzspritzen reichen? Ein Rechenbeispiel:
Nehmen wir Anton, der alleine in einem 50qm-Haushalt wohnt und Wohngeld bezieht. Im ersten Halbjahr 2021 kostete Erdgas noch 6,41 Cent pro kWh. Ein Haushalt mit 50qm und durchschnittlich 5000 kWh zahlte damit rund 320€ für Heizkosten im vergangenen Jahr – zusätzlich zum Grundpreis.
Doch mit der Preisexplosion an den internationalen Gasmärkten haben viele Gasanbieter schon um den Jahreswechsel die Preise erhöht: um durchschnittlich 59,4 Prozent in der Grundversorgung wie check24.de berichtet. Auf Anton kämen nun aufs Jahr gerechnet Heizkosten in Höhe von rund 510€ zu – also 190€ mehr als schon im Vorjahr. Schon diese Erhöhung kann die Finanzspritze nicht ausgleichen.
Noch prekärer wird es für Anton, wenn er derzeit einen neuen Vertrag abschließen muss – zum Beispiel, weil der alte Gasanbieter ihm wie vielen anderen einfach gekündigt hat. Bei einem Neuvertrag zahlt man derzeit in der günstigsten Variante 12,96 Cent pro kWh – das macht dann doppelt so viel wie vor einem Jahr: also 320€ Mehrkosten – das Doppelte. Für Anton sind die 135€ an Zuschuss da lange nicht ausreichend.
SPD Bauministerin Geywitz räumte ein, dass der Zuschuss nicht in allen Fällen die Mehrkosten für das Heizen abdecken wird. Man habe den durchschnittlichen Bedarf von “Institut der deutschen Wirtschaft” (IW) errechnen lassen und dies zugrunde gelegt. Das IW ist das Hausinstitut der deutschen Kapital-Verbände.
Preisexplosion – auch bei Strom
Hinzu kommt: Die Mehrausgaben gibt es für Anton nicht nur bei den Heizkosten – sondern auch bei Strom.
1.500 kWh Strom nutzt Anton jedes Jahr. Im ersten Halbjahr 2021 lag der durchschnittliche Strompreis bei etwa 0,32 Euro pro kWh, sodass er von etwa 480€ Stromkosten – zusätzlich zum Grundpreis ausgehen konnte.
Doch über den Jahreswechsel wurden die Strompreise um durchschnittlich 67 Prozent erhöht. Ein-Personen-Haushalte erwarten deshalb aufs Jahr gerechnet Rechnungen in Höhe von rund 800€, fast 380€ mehr als noch im Vorjahr.
Vom Heizkostenzuschuss können laut Bauministerin Klara Geywitz rund 2,1 Millionen Menschen profitieren – wenn sie denn, zum Beispiel als BAföG-Berechtigte, einen Antrag stellen. Doch für den erhöhten Strompreis hat die Bundesregierung gar keine Zuschüsse vorgesehen.
Erhält ein Mensch Hartz IV, so werden seine Heizkosten üblicherweise vollständig übernommen. Ob dies auch bei den kommenden Nachzahlungen der Fall sein wird, wird sich zeigen. Doch auch auf sie wird ebenfalls eine horrende Stromrechnung zukommen, denn diesen müssen sie selbst finanzieren.