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Freitag, März 29, 2024
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    Weltweite Arbeiter:innenkämpfe gegen steigende Preise

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    Quer über den Globus kämpft die Arbeiter:innenklasse gegen steigende Preise. Vor allem durch die Verteuerung von Lebensmitteln, Energie und Treibstoff versuchen Kapital und Nationalstaaten eine Umverteilung von unten nach oben durchzusetzen. Der Kampf um die Preise ist in dieser Krise auch in Deutschland angekommen. – Ein Kommentar von Thomas Stark

    Ob im Supermarkt, an der Tankstelle oder bei Strom und Heizkosten: Verbraucher:innen in
    Deutschland können den Preisen inzwischen geradezu beim Steigen zusehen. Im Dezember 2021 sind die Verbraucherpreise in Deutschland gegenüber dem Vorjahr im Durchschnitt um 5,3 Prozent angestiegen. Nahrungsmittel wurden um 6 Prozent teurer, Energie sogar
    um 18,3 Prozent. Die Ursachen für die steigenden Preise sind insbesondere Stockungen in den weltweiten Lieferketten infolge von Wirtschaftskrise und Pandemie, der Umbau der kapitalistischen Wirtschaft auf neue Energieträger sowie die Versorgung der kapitalistischen Wirtschaft mit billigem Geld durch Staaten und Notenbanken. Zahlen müssen die hohen Preise jedoch vor allem die Arbeiter:innen. Was hier stattfindet, ist eine historische Umverteilung gesellschaftlichen Reichtums von unten nach oben, von der Arbeiter:innenklasse zu den Spitzen der Kapitalist:innenklasse. Diese Erscheinung findet weltweit statt, und sie führt seit mehreren Jahren quer über den Globus zu heftigen Klassenkämpfen.

    Vor wenigen Wochen hat die Verdoppelung der Erdgaspreise in Kasachstan innerhalb weniger Tage zu einem Volksaufstand geführt: Dieser begann als Streik von Öl- und Gasarbeiter:innen gegen die Teuerung und für mehr Lohn. Die kasachische Regierung hatte die staatlichen Subventionen seit 2019 immer weiter heruntergefahren und das Land für amerikanische Ölkonzerne geöffnet. Anfang Januar kam es dann zu einer plötzlichen Verdoppelung des Gaspreises. Die kasachische Regierung hat den Aufstand mithilfe der russischen Armee und den Streitkräften anderer Länder brutal niederschlagen lassen und dabei hunderte Arbeiter:innen getötet.

    Der Sudan ist seit vielen Monaten Schauplatz heftiger Arbeiter:innenkämpfe. Anlass war auch hier die allgemeine Verteuerung der Waren, die mit einer Explosion der Treibstoffpreise begann. Im Februar 2021 kam es deshalb in vielen Städten des Landes zu großen Protesten, unter anderem von Eisenbahnarbeiter:innen, Erwerbslosen und Studierenden. Das sudanesische Militär hat darauf reagiert, indem es scharfe Munition gegen die Demonstrant:innen einsetzte. Im Oktober verhängte es schließlich den Ausnahmezustand und setzte die Regierung des Landes ab. Seitdem haben sich Proteste und Straßenkämpfe immer weiter verschärft.

    Auch in der Türkei explodieren die Preise infolge der Wirtschaftskrise und der Politik des Erdogan-Regimes. Deshalb kam es dort im Dezember zu landesweiten Massenmobilisierungen. In Istanbul, Ankara und anderen Städten des Landes forderten Arbeiter:innen, Gewerkschafter:innen und Studierende unter anderem eine deutliche Erhöhung des Mindestlohns. Innerhalb des Jahres 2021 sind die Lebensmittelpreise in dem Land im Durchschnitt um 50 Prozent gestiegen.

    Zu Massenprotesten gegen die allgemeine Teuerung, die Aufhebung von Subventionen oder die Erhöhung von Steuern kam es außerdem im Libanon, dem Irak und Kolumbien.

    Das deutsche Kapital und sein Staat beobachten die weltweiten Massenbewegungen gegen die Preissteigerungen mit großer Aufmerksamkeit. Sie befürchten, dass es auch in Deutschland zu Unruhen kommen könnte, wenn sich die Lebenssituation der Arbeiter:innenklasse deutlich verschlechtert und ein großer Teil durch explodierende Preise in Armut gestürzt wird. Deshalb bemüht sich die neue Bundesregierung, mit Maßnahmen wie der Mindestlohnerhöhung oder der Abschaffung der Energie-Umlage einzelne Gruppen der Bevölkerung ruhigzustellen. Diese Maßnahmen sind jedoch nur ein Tropfen auf dem heißen Stein. Und das Zusammenwirken von Krise, Pandemie und kapitalistischem Kampf um Maximalprofite lässt ihr immer weniger Spielraum für einzelne soziale Abfederungen. Deshalb ist es notwendig, dass sich die Arbeiter:innen aus den verschiedensten Branchen zusammenschließen, eine klassenkämpferische Bewegung gegen das Kapital aufbauen und den Kampf gegen die Teuerung auch hierzulande auf die Straßen und in die Betriebe tragen.

    Eine unmittelbare politische Forderung, die eine solche Bewegung durchsetzen muss, ist die automatische Anpassung aller Löhne, Renten und Sozialleistungen an die Preissteigerungen!

    • Perspektive-Autor seit 2017. Schreibt vorwiegend über ökonomische und geopolitische Fragen. Lebt und arbeitet in Köln.

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