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    Ist Putin der neue Hitler?

    Auf NATO-freundlichen Demonstrationen, von ukrainischer Seite und in der Berichterstattung über den Krieg in der Ukraine in den bürgerlichen Medien – überall hört man, dass Putin mit Hitler verglichen wird. Aber wem nützt das eigentlich? Ein Kommentar von Julius Strupp.

    Bilder von Putin mit Hitlerbärtchen, „Putler“ und andere Namensungeheuer – die Vergleiche zwischen Wladimir Putin und Adolf Hitler seit Ausbruch des imperialistischen Kriegs in der Ukraine sind wohl keinem entgangen. Sie werden dabei nicht nur auf Demonstrationen gemacht.

    Wer macht den Putin-Hitler-Vergleich?

    So ließ sich beispielsweise der langjährige CDU-Spitzenpolitiker und Ex-Finanzminister Wolfgang Schäuble bereits 2014 folgendermaßen zitieren: „Mit solchen Methoden hat schon der Hitler das Sudetenland übernommen – und vieles andere mehr.“

    Auch Prinz Charles aus dem Vereinigten Königreich verglich nach der Invasion in der Ukraine Putin das Gesicht des russischen Imperialismus mit Adolf Hitler. Selenskij selbst verglich den Krieg, den er führt, mit dem Großen Vaterländischen Krieg, den die Rote Armee gegen den Hitlerfaschismus organisierte.

    Wem nützt der Vergleich?

    Unter Hitlers Führung hat der deutsche Imperialismus den Zweiten Weltkrieg begonnen, der dutzende Millionen Menschen das leben kostete. Überall auf der Welt steht er für Konzentrationslager, industriell organisierte vergasung, Völkermord und Terror. Ein Vergleich ist deshalb natürlich geschmacklos und nicht haltbar – darauf sind nun auch einige Stimmen in den bürgerlichen Medien gekommen. Auch bürgerliche Geschichtswissenschaftler:innen warnen davor, die beiden gleichzusetzen.

    Natürlich ist auch Putin ein Kriegstreiber und politisches Gesicht eines imperialistischen Landes – aber der Vergleich mit Hitler bringt niemanden weiter, der die aktuelle Lage verstehen will. Es handelt sich hier um eine propagandistische Überspitzung, und insbesondere umgekehrt um eine Verharmlosung der faschistischen Diktatur in Deutschland, wie es sie zuhauf gibt. Und wie bei allen diesen Überspitzungen fragt sich: Wem nützt sie und wozu?

    Bloß nicht vor der eigenen Tür kehren

    Des Rätsels Lösung? Sowohl für die herrschende Clique in der Ukraine als auch für den deutschen Imperialismus hat der Vergleich von Putin und Hitler den Zweck, sich der eigenen, unbequemen Vergangenheit und Gegenwart zu entledigen.

    Für Vertreter:innen des deutschen Kapitals sieht die eigene Vergangenheit, zu der eben auch die im Interesse der Großkonzerne geführten Weltkriege zählen, nicht mehr ganz so schlimm aus, wenn es jetzt einen vermeintlich genauso schlimmen Kriegstreiber gibt und man selbst auf der „guten“ Seite kämpft.

    Und auch im Falle der herrschenden oligarchischen Clique in der Ukraine gibt es eigentlich genug vor der eigenen Haustür zu kehren. Bis heute wird der Nazi-Kollaborateur Stepan Bandera in der Ukraine verehrt. Auch die heutige faschistische Asow-Bewegung spielt für die herrschende Klasse in der Ukraine keine zu vernachlässigende Rolle im Krieg.

    Mit dem Vergleich zwischen Putin und Hitler lenkt man von den eigenen Verbrechen ab und spielt diese herunter, indem man das Bild vermittelt, dass „der Russe“ ja viel schlimmer sei. Einen anderen Nutzen hat dieses Theater nicht.

    “Asow-Regiment” und “Gruppe Wagner” – Faschist:innen kämpfen auf beiden Seiten

    • Autor bei Perspektive seit 2019, Redakteur seit 2022. Studiert in Berlin und schreibt gegen den deutschen Militarismus. Eishockey-Fan und Hundeliebhaber. Motto: "Für alles Reaktionäre gilt, dass es nicht fällt, wenn man es nicht niederschlägt."

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