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Freitag, März 29, 2024
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    Rechter Terror in Saarlouis: Nach über 30 Jahren erste Festnahme im Mordfall Samuel Yeboah

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    Im Jahr 1991 nahm ein bislang unbestrafter Faschist dem jungen Geflüchteten Samuel Kofi Yeboah das Leben mit einem rechtsterroristischen Brandanschlag. Nun hat die Polizei einen mutmaßlichen Täter festgenommen: Der 50-jährige Werner S. hatte Jahrzehnte lang führende Positionen in der Neonaziszene inne.

    Mehr als 30 Jahre nach dem rechtsterroristischen Brandanschlag auf eine Geflüchtetenunterkunft in Saarlouis ist ein 50-Jähriger als Tatverdächtiger verhaftet worden. Am 19. September 1991 war um 3 Uhr nachts in der Asylbewerber:innenunterkunft Saarlouis-Fraulautern ein Feuer ausgebrochen. Dass es sich um Brandstiftung handelte, war schnell klar – unmittelbar unter einer hölzernen Treppe war ein Feuer entfacht worden.

    Das erschwerte die Flucht und Rettung der schlafenden Bewohner:innen. Zwei Menschen aus Nigeria konnten das Haus nur über einen Sprung aus dem Fenster verlassen und überlebten mit Knochenbrüchen. Dem 27-jährigen Samuel Kofi Yeboah war es nicht möglich, sich aus dem oberen Geschoss des Gebäudes zu retten. Nachdem Einsatzkräfte der Feuerwehr ihn im Dachgeschoss fanden, erlag er im Krankenhaus seinen Verletzungen.

    Verfahren zunächst eingestellt

    Nicht einmal ein Jahr, nachdem der Anschlag auf das Asylbewerber:innenheim verübt wurde, stellte die Polizei in Absprache mit der Staatsanwaltschaft die Ermittlungen ein. Dass es sich um einen rechten Anschlag und ein rassistisches Motiv handele, war für die Ermittler:innen zunächst nicht gesichert. Allerdings reiht sich dieses Verbrechen in eine Reihe von Anschlägen gegen Geflüchtete in und um Saarlouis ein.

    Erst im Sommer 2020 nahm die Polizei Saarland die Ermittlungen wieder auf. Die Bundesanwaltschaft ermittelte wegen Mordes und 18-fachen versuchten Mordes, im Rahmen der Ermittlungen haben Hausdurchsuchungen stattgefunden.

    Bekannter Neonazi tatverdächtig

    Nach neuesten Ermittlungen ist Werner S. dringend tatverdächtig. Laut Informationen des Spiegel soll er dem Bundesgerichtshof vorgeführt werden. Wegen der rechtsextremen Haltung handle es sich um eine “staatsschutzspezifische Tat von besonderer Bedeutung”.

    Werner S. ist bereits bekannt, insbesondere für seine Rolle in der “Kameradschaft Horst Wessel”. Der NS-Mann Horst Wessel war Sturmführer der SA und für seine Verbrechen in den hohen Rängen der NSDAP von Mitgliedern des Roten Frontkämpferbundes angegriffen worden. Er verstarb einen Monat später im Krankenhaus an einer Blutvergiftung. Mitglieder der Kameradschaft, die seinen Namen in Ehren tragen wollte, verehrten den Faschisten Wessel als Märtyrer.

    In einer solchen Kameradschaft soll Werner S. in den 90er Jahren eine prominente Position eingenommen haben.

    Antifaschistisches Gedenken

    Unabhängig vom Stand oder der Einstellung der Ermittlungen haben in Saarlouis zu den Todestagen Gedenken stattgefunden, sein Grab wird von der Stadt unterhalten.  Antifaschist:innen fordern, dass der Mord an Yeboah als rechte Gewalttat eingestuft wird. Er soll eine zentrale Gedenkstätte in der Stadt erhalten.

    Sie hatten in den vergangenen Jahren bereits mehrere Versuche unternommen, das Gedenken selbst zu organisieren und in der Stadt präsent zu machen. Zum zehnjährigen Todestag von Samuel Yeboah hatten sie z.B. eine Gedenkplatte am Rathaus angebracht, die der Oberbürgermeister Hans-Joachim Fontaine (CDU) umgehend entfernen ließ. Mehr dazu hier.

    Am 30. Todestag investierte die Stadt endlich doch in eine Gedenktafel, die an den jungen Mann aus Ghana als Opfer rassistischer Gewalt erinnert.

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