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Donnerstag, März 28, 2024
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    Skandal um Rechtsradikale bei der hessischen Polizei weitet sich aus

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    Hitlerbilder, Hakenkreuze und Hetze gegen Jüd:innen und Migrant:innen: In Frankfurt erhebt die Staatsanwaltschaft Anklage gegen fünf Polizist:innen. Dabei bestehen Verbindungen zum „NSU 2.0“. Doch auch in Südhessen offenbart sich ein weiterer rechter Sumpf in den Reihen der Staatsbediensteten.

    Die Staatsanwaltschaft hat Anklage gegen fünf Polizist:innen des 1. Reviers in Frankfurt erhoben. Ihnen wird das Verwenden von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen, Volksverhetzung, Gewaltdarstellung, Beschimpfung von religiösen oder weltanschaulichen Bekenntnissen und Besitz sowie Verbreitung pornografischer Schriften vorgeworfen. Auch die Lebensgefährtin eines Polizisten sei angeklagt worden, teilte die Frankfurter Ermittlungsbehörde mit.

    Beschuldigt werden demnach vier Männer und zwei Frauen aus Ludwigshafen, Frankfurt und Darmstadt im Alter von 31 bis 37 Jahren. Alle fünf Polizist:innen nehmen Aufgaben im Rahmen des gehobenen Dienstes war, vier von ihnen sind Polizeioberkommissar:innen und einer Polizeikommissar.

    Die angeklagten Polizist:innen waren laut der Ermittlungen seit 2014 Mitglieder einer Chatgruppe, die in erster Linie dem Teilen und verbreiten von faschistischen, rassistischen, antisemitischen und menschenverachtenden Bildern und Videos gedient haben soll. Darüber hinaus sollen sie auch in weiteren Chatgruppen aktiv gewesen sein.

    Bis Oktober 2018 sollen sie dabei in insgesamt 102 Fällen „überwiegend Inhalte mit Darstellungen von Adolf Hitler, Hakenkreuzen und weiteren nationalsozialistischen Symbolen sowie Verharmlosungen des Holocausts“ in die verschiedenen Gruppen eingestellt haben, so die Anklage. Insbesondere Menschen mit Behinderungen, Migrationshintergrund, dunkler Hautfarbe, Homosexuelle sowie Jüd:innen und Muslim:innen seien Ziel der rechten Nachrichten gewesen.

    Erst bei Ermittlungen zu den rechtsextremen Drohschreiben des NSU 2.0 stießen die Ermittler:innen auf die genannte Chatgruppe. Mit „NSU 2.0“ – in Anlehnung an die rechtsterroristische Gruppierung, die über 6 Jahre mindestens 9 Morde an migrantischen Menschen in Deutschland verübte und von den Sicherheitsbehörden nicht daran gehindert worden war – wurden 2018 zahlreiche Drohschreiben versendet. Dabei richteten sich einige dieser Schreiben an die Frankfurter Rechtsanwältin Seda Basay-Yildiz und ihre Familie. Ermittlungen hatten ergeben, dass kurz vor Ankunft des Drohschreibens ihre Einwohnermeldedaten von einem Dienstrechner aus dem 1. Revier der Frankfurter Polizei abgefragt worden waren. Eine der nun Angeklagten ist der Staatsanwaltschaft zufolge eine Polizeioberkommissarin, die zum Abfragezeitpunkt mit ihren Zugangsdaten eingeloggt war.

    Weitere rechte Gruppierung in Südhessen aufgeflogen

    Die Ermittlungen führten auch zu einer weiteren rechten Gruppierung innerhalb der Polizei, diesmal in Südhessen. Ein Beamter habe Anzeige erstattet, nachdem er und eine Kollegin bei einem Einsatztraining „erhebliche Verletzungen“ davongetragen hätten. Die Polizei Darmstadt meldete sich am Montag mit einer Pressemitteilung zu Wort, in der sie sich bemüht, die Ereignisse einzuordnen. Es habe sich um eine Chatgruppe gehandelt, die das Mobbing bestimmter Kolleg:innen organisiert haben soll:

    „Im Kern geht es um Beleidigungen und üble Nachreden, die zum Ziel gehabt haben sollen, einzelne Mitglieder des Sachgebiets, die in den Augen der beschuldigten Mitglieder ungeeignet erschienen, aus dem Sachgebiet zu mobben. Hierzu soll eine Chatgruppe genutzt worden sein, zu der nur ausgewählte Mitglieder Zugang gehabt haben sollen.“

    Aktuell wird gegen sechs Beamt:innen strafrechtlich ermittelt. In ihrer Chatgruppe wurde unter anderem auch „Wolfsschanze“ als Ortsbezeichnung gewählt, wobei aber noch nicht ganz klar ist, welcher Ort damit gemeint war. Der Name hat einen engen Bezug zum Hitler-Faschismus: so nannte man damals das Hauptquartier von Adolf Hitler. Es liegt also nahe, dass es sich dabei um einen Treffpunkt der Gruppe oder sogar um das Polizeirevier selbst handeln könnte. Ein weiterer Polizist ließ sich mit Hitler-Schnäuzer fotografieren, wobei die Polizei allerdings betonte, dass es sich hierbei um eine weitere Chatgruppe handle.

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