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Mittwoch, April 24, 2024
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    Nach geplantem Nazi-Angriff in Essener Schule: Schüler:innen organisieren Demo gegen Rechts

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    Erst in letzter Minute konnte ein geplanter rechts-terroistischer Angriff an einer Schule in Essen-Borbeck vereitelt werden. Einen Tag danach haben sich dutzende Schüler:innen und junge Menschen zu einem Protest gegen Rechts versammelt. Sie kritisierten unter anderem, dass faschistisches Gedankengut durch den NRW-Innenmister heruntergespielt werde.

    Am Freitag haben sich rund 70 junge Menschen am Bahnhof Essen-Borbeck zu einer Spontan-Demo versammelt. Anlass war ein kurzfristig verhinderter rechter Anschlag an einer Schule in Borbeck. Zur Demonstration war rund 24 Stunden vorher von der „Internationalen Jugend Ruhr“ (IJ Ruhr) aufgerufen worden. Mit Graffitis auf Schulhöfen, Flyern vor Schulen und Plakaten im Stadtbild war mobilisiert worden.

    Gegenüber der WDR-Lokalzeit erklärte Nils von der IJ Ruhr: „Wir denken, dass wir auf die Straße gehen müssen gerade als Jugendliche, weil es natürlich wir sind, die an erster Stelle betroffen sind oder betroffen wären, wenn der Anschlag nicht vereitelt worden wäre.“

    Die Demonstration zog durch Borbeck am Don Bosco-Gymnasium vorbei, wo der Anschlag geplant war. Am Rande der Demonstration gab es viel Zustimmung von Anwohner:innen. Anschließend kehrte die Demo zum Bahnhof zurück.

    Kundgebung am Don Bosco Gymnasium

    Demonstrierende sprach sich dagegen aus, faschistischen Terror als “Einzelfall” oder “psychische Krankheit” darzustellen. Zudem wurden auf der Demonstration immer wieder organisierte Nazi-Strukturen wie die “Steeler Jungs” aus Essen thematisiert.

    Polizeinaher Wissenschaftler spricht von “Selbstradikalisierung”

    Nazi-Strukturen in Essen oder anderswo spielen derzeit zumindest in der Öffentlichkeitsarbeit polizeinaher Stellen keine Rolle.

    So hatte bereits NRW-Innenminister Herbert Reul (CDU) erklärt, dass es sich bei dem Anschlag auch um den „Hilferuf“ eines psychisch labilen Jugendlichen handeln könnte, was in den sozialen Medien und auch auf der Demonstration scharf kritisiert wurde: faschistisches Gedankengut sei keine psychische Erkrankung sondern eine Ideologie.

    Nein, rechter Terror ist kein psychisches Problem

    Zudem erklärte Dr. Stefan Piasecki, Soziologe und Medienpsychologe von der Hochschule für Polizei und Verwaltung in einem Beitrag der WDR-Lokalzeit: „Das große Problem heutzutage ist, dass wir das Phänomen der Selbstradikalisierung haben, dass wir also Menschen haben, die aus welchem Grund auch immer, sich in einer individuellen psychischen Isolation einrichten, auch wenig Kontakt nach außen pflegen, und dann sich ihre Weltsicht verengt auf extremistisches Gedankengut, verengt auch auf Gewaltphantasien.“ Dies erklärte er, obgleich noch “wenig” über den Fall genau bekannt sei. Man habe zwar „Aufzeichnungen“ gefunden, wisse aber noch nichts über deren „Gehalt“.

    Mittlerweile wurde bekannt, dass bei dem 16-jährigen Schüler ein rassistisches Manifest, auch mit Bezug zum Hitler-Faschismus gefunden worden sei. In dem Word-Dokument mit dem Titel “DBG-Massaker” – als Abkürzung für das Don Bosco-Gymnasium – soll der Schüler wohl vom dem Rechtsterroristen Anders Breivik als “Vorbild” gesprochen haben. Auch nahm er Bezug auf die Amokläufe an der Columbine High School in den USA 1999 sowie die Amokläufe von Erfurt 2002 und Winnenden 2009.

    Anschlag durch Schüler:innen vereitelt

    Zudem ist mittlerweile klar, dass nicht die Polizei auf den rechten Schüler aufmerksam geworden war, sondern aufmerksame Schüler:innen sich zuvor Lehrenden anvertraut hatten. Diese wiederum hatten dann die Polizei informiert, die eine umfangreiche Hausdurchsuchung im Elternhaus des 16-Jährigen durchführte.

    Dabei stellten die Beamt:innen mehrere augenscheinliche Hieb- und Stichwaffen sicher, Material zum Bau von Rohrbomben und eine selbstgebastelte Schusswaffe. Die Bomben seien funktionstüchtig, aber nicht einsatzbereit gewesen. Der 16-jährige Schüler sitzt mittlerweile in Untersuchungshaft. Er hatte sich nach aktuellen Angaben bewusst Freitag den 13. Mai für seinen Angriff ausgesucht, zu dem Tag hatte es zuvor auch ein Graffiti-Aufruf gegeben.

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