Heute jährt sich zum 70. Mal Philipp Müllers Todestag. Er ist der erste von der Polizei in der BRD erschossene Demonstrant, der ermordet wurde, weil er gegen die Wiederbewaffnung der BRD auf die Straße ging. Sein Kampf ist aktuell wie nie. Ein Kommentar von Paul Gerber
Auf den Tag genau vor 70 Jahren wurde der junge Kommunist Philipp Müller in Essen von Polizisten erschossen. Man muss sich wirklich nicht weit strecken, um eine Verbindung zwischen Philipp Müllers Kampf damals und der politischen Situation heute zu ziehen.
1. Philipp Müller kämpfte gegen die Wiederbewaffnung der Bundesrepublik Deutschland.
Er kämpfte gegen die Aufstellung einer deutschen Armee und gegen die Eingliederung alter faschistischer Soldaten in diese Armee.
Und heute? Die Bundeswehr ist Tatsache, 3 Jahre nach Philipp Müllers Ermordung wurde sie gegründet, gegen den Willen der Arbeiter:innenklasse in diesem Land, der der Schrecken des 2. Weltkriegs noch tief in den Knochen saß.
Doch die Bewaffnung im Imperialismus ist eine vertrackte Sache, zu Ende gebracht werden kann sie nicht, schließlich will auch der deutsche Imperialismus nicht handlungsunfähig daneben stehen, wenn die Welt neu aufgeteilt werden soll.
Der russische Überfall auf die Ukraine wird nun als Anlass genommen, darüber zu klagen, Deutschland habe zu wenig Panzer, Artilleriegeschütze, Flugzeuge und Bomben. Milliarden und Abermilliarden werden mobilisiert, um die Bundeswehr zu befähigen, einen Krieg zu führen, der nichts mit unseren Interesse als Arbeiter:innen zu tun hat.
2. Philipp Müller kämpfte gegen die Einbindung der Bundesrepublik in das NATO-Bündnis.
Denn in diesem Zusammenhang stand die von der Regierung voran getriebene Kampagne für die Wiederbewaffnung.
Und heute? Heute ist Deutschland schon lange Teil der NATO und bereitet sich auf einen großen Krieg vor. Offen wird über die Möglichkeit eines Atomkriegs diskutiert, wer sich wagt, öffentlich zu fordern, ein Atomkrieg müsse um jeden Preis verhindert werden, dem wird Feigheit und Russland-Nähe unterstellt.
Die BRD ist Teil der NATO, aber mit jedem weiteren Panzer der in deutschen Rüstungsschmieden vom Band rollt, um die Bestände der Bundeswehr zu ergänzen oder in der Ukraine gegen russische Panzer ins Feld geschickt zu werden, wird die Aufgabe dringender: Wir brauchen eine antimilitaristische Bewegung, die sich klar gegen die NATO wendet. Wie es Philipp Müller und seine Genoss:innen damals getan haben.
Wer ehrlich verhindern will, dass Deutschland an weiteren großen und kleinen Kriegen teilnimmt, muss es sich auch unmittelbar zur Aufgabe machen, dass Deutschland aus der NATO austritt. Wohlgemerkt ist das keine Garantie gegen die deutsche Kriegsbeteiligung, aber es ist ein logischer Schritt, wollen wir erreichen, dass sich dieses Land aus imperialistischen Kriegen raushält, statt Raketen und Bomben auf unsere Klassengeschwister in anderen Ländern regnen zu lassen.
3. Philipp Müller wurde durch die Polizei ermordet.
Der Schießbefehl damals in Essen kam von oberen Stellen und es spricht viel dafür, dass ein Exempel statuiert werden sollte.
Und heute? Heute mordet die deutsche Polizei immer noch! Erst in den letzten Wochen bekam dieser Aspekt traurige Aktualität, weil in Mannheim gleich zwei Menschen im Abstand weniger Tage bei Polizeieinsätzen getötet wurden.
Nicht immer ist das politische Motiv so klar wie bei der Ermordung Philipp Müllers, aber jeder Mord durch deutsche Polizisten ist politisch! Immer spielt dabei eine Rolle, dass die Polizist:innen die offiziellen Träger deutscher Staatsgewalt sind und einzelne Menschen in diesem Land, wenn sie sich widersetzen diese Staatsgewalt mit tödlichen Faustschlägen, chemischen Waffen oder Pistolenschüssen spüren lassen.
Es gibt neben Philipp Müller einige Polizeimorde in der deutschen Geschichte, die in die Geschichtsbücher der Arbeiter:innenklasse eingegangen sind, weil sie zu wütenden und dauerhaften Protestbewegungen geführt haben: Hier seien nur kurz Benno Ohnesorg, Oury Jalloh und Adel B. erwähnt.
Wenn wir Philipp Müller gedenken, gilt es aber auch allen Todesopfern der Polizeigewalt zu gedenken, deren Namen nicht so bekannt sind. Ihnen gerecht zu werden, heißt unermüdlich für eine andere, sozialistische Gesellschaft zu kämpfen, in der es keine Polizei im heutigen Sinne mehr geben wird, in der die Gesellschaft neue Institutionen schafft, um Kriminalität umzugehen, die sich nicht über die Arbeiter:innenklasse stellen und sie terrorisieren, sondern aus der Arbeiter:innenklasse selbst gebildet werden.
Auf nach Essen zur Demonstration im Gedenken an Philipp Müller!
Philipp Müller zu gedenken muss mehr heißen, als an seinem 70. Todestag seinem Kampf zu gedenken, Philipp Müller zu gedenken, heißt dauerhaft und ausdauernd – auch im Angesicht der Staatsgewalt – gegen Krieg und Militarismus zu kämpfen.
Auch wenn das keine Aufgabe ist, die an einem Tag gelingen kann, ist die Demonstration in Gedenken an Philipp Müller am 14. Mai um 14 Uhr am Essener Hauptbahnhof eine gute Gelegenheit, um damit anzufangen.
Damals wie heute: Kampf der Aufrüstung und dem Militarismus!