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„Hochverrat“ in ukrainischem Geheimdienst und Generalstaatsanwaltschaft – Selensky entlässt Führung

Führungs-Krise in Teilen des ukrainischen Staatsapparats: Präsident Selensky hat den Chef des Inlandsgeheimdienstes und die Generalstaatsanwältin entlassen. Hintergrund sind nicht deren eigene Verwicklungen in Korruptionsfälle, sondern dass sie massive Kollaboration mit dem russischen Staat zugelassen hätten.

Der ukrainische Präsident Volodmyr Selensky hat zwei führende Köpfe innerhalb des ukrainischen Staats entlassen: den Chef des ukrainischen Inlandsgeheimdienstes SBU, Ivan Bakanov, sowie die Generalstaatsanwältin Iryna Venediktova.

Bakanov ist ein langjähriger Weggefährte Selenskys, die sich schon aus ihrer Kindheit kennen. Zudem war er Produzent von Selenskys Fernseh-Show „Diener des Volkes“. Venediktova war seit 2020 Generalstaatsanwältin und in dieser Funktion verantwortlich für Verfahren wegen „Terrorismus“ und Korruption.

Selensky hatte Bakanov im Jahr 2020 als „ehrlichsten Mann“ bezeichnet, der jemals an der Spitze des Geheimdienstes gestanden habe. Dabei wurde Bakanov schon im Rahmen der „Pandora Papers“ genannt. Bei den Pandora Papers handelt es sich um eines der bisher größten Datenleaks über Steueroasen und damit verbundener Korruption, das seit 2021 bekannt ist. Die ukrainische Journalistenorganisation slidstvo.info hatte damals auch der Generalstaatsanwältin Venediktova vorgeworfen, nicht genug gegen Korruption unternommen zu haben.

Doch die derzeitige Entlassung ist nicht auf diese Vorfälle zurückzuführen. Laut Selensky seien derzeit 651 Strafverfahren wegen „Hochverrats und Kollaborationstätigkeiten“ von Mitarbeiter:innen der Staatsanwaltschaft, Ermittlungsbehörden und anderer Strafverfolgungsbehörden registriert. Vor allem seien mehr als 60 Mitarbeiter dieser Staatsorgane und auch des Geheimdienstes in den von Russland besetzten Gebieten geblieben. Dort würden sie nun mit dem russischen Militär zusammenarbeiten.

Eine solche „Reihe von Verbrechen gegen die Grundlagen der nationalen Sicherheit des Staats“ sowie die „aufgezeichneten Verbindungen zwischen den Mitarbeitern der Strafverfolgungsbehörden der Ukraine und den Sonderdiensten Russlands“ würden die „zuständigen Führer vor sehr ernste Fragen“ stellen. Kurz darauf entließ Selensky Bakanov und Venediktova.

Ein solcher Schritt ist durchaus ungewöhnlich, da Selensky es bisher vermieden hatte, öffentlich bekanntes Führungspersonal durchzuwechseln und Feindeskollaboration zuzugeben. Dies offenbart eine gewisse Krise in der ukrainischen Staatsführung. Zugleich dürfte auch durchaus Druck aus NATO-Staaten zur Entlassung beigetragen haben, da diese auf einen funktionierenden ukrainischen Staatsapparat für den Stellvertreterkrieg mit Russland angewiesen sind.

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