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    Hörsaal-Besetzung in Freiburg: “Ziviler Ungehorsam ist wichtig, um Druck auf die Institutionen aufzubauen.”

    Ende Juni besetzten Aktivist:innen des Bündnisses “Transformationsuni 2.0.” für eine Woche einen Hörsaal, um auf die Klimakrise aufmerksam zu machen. Wir haben mit ihnen über ihre Aktion gesprochen.

    Wer seid ihr und wie kam es zur Besetzung?

    Wir sind das Bündnis „Transformationsuni 2.0“, das in Freiburg einen Hörsaal besetzt hielt. Am Montag Abend, den 20.6. fand ein Vortrag statt.
    Nach diesem sind wir einfach drinnen sitzen geblieben und haben diesen so besetzt – bis zum 27. Juni.

    Uni-Hörsäle zu besetzen, hat eine lange Tradition. Auch in Freiburg gab es das schon mehrere Male, wie zuletzt 2020. Wir haben uns dafür entschieden, weil es eine Art des zivilen Ungehorsams von Student:innen ist, um auf friedliche Art und Weise Druck auf die Universität aufzubauen.

    Es ist ein wichtiges Zeichen, dass Student:innen politisch aktiv sind und sich für die Belange der Bevölkerung interessieren. Studierende haben das Privileg, sich mit Politik auseinanderzusetzen und sollten Protestmöglichkeiten gegen Ungerechtigkeit organisieren und nutzen. Neben Freiburg wurden auch Hörsäle in Berlin und Leipzig besetzt.

    Wie war die Resonanz seitens der Universität, der Mitarbeiter:innen und derer, die ihr auf der Straße auf die Aktion aufmerksam gemacht habt?

    Die Resonanz war gigantisch. Über die Aktion wurden viele Presseberichte veröffentlicht. Gleichzeitig haben sich die Vertreter:innen der Studierendenschaft, viele Professor:innen und einige Parteien, wie z.B. Volt, die Linke, Grüne Jugend, aber auch Students for Future und Fridays for Future mit uns solidarisiert.

    Vom Rektorat gab es zu Beginn eine offene Einstellung gegenüber unseren Inhalten. Später war man dort dann nicht mehr gesprächsbereit und hat uns klar gemacht: „Wir werden nicht mit euch reden, solange ihr den Hörsaal nicht räumt.“

    Wir möchten offen auf die Universität zugehen und dass unsere Meinung gehört wird, aber die Universitätsleitung ist inhaltlich nicht mit unserer Haltung einverstanden.

    Welche Punkte habt ihr herausgestellt, die für die Überwindung der Umweltzerstörung notwendig sind?

    Herausgearbeitet wurde, dass es alle Formen von Aktionen braucht.
    Es braucht Menschen, die in die Politik gehen, die zivilen Ungehorsam auf der Straße leisten, Demos organisieren, Vorträge halten, Workshops anbieten etc., um auf das Thema aufmerksam zu machen.

    Wir speziell fordern von der Uni, dass sie den sozial-ökologischen Notstand ausruft und die Menschen darüber aufklärt, wie notwendig die Überwindung der Umweltkrise für unsere existenziellen Bedürfnisse ist.

    Ziviler Ungehorsam ist wichtig, um Druck auf die Institutionen aufzubauen. Es gibt sehr viel Arbeit, die vor uns liegt, aber wir möchten einen Beitrag dazu leisten, eine Bewegung in Gang zu setzen, um mehr Menschen von der Dringlichkeit einer Überwindung der Umweltzerstörung zu überzeugen.

    Die Politiker:innen, denen wir unsere Inhalte vorstellten, hörten uns zu, aber dies ist keine Versicherung dafür, dass unsere Interessen auch tatsächlich umgesetzt werden. Daher fordern wir die Universität als Institution für viele junge Menschen auf, dass sie diese kommunikative Rolle übernimmt und mit uns den Nachdruck auf die Politiker erhöht.

    Welche Vorreiterrolle übernehmen Studierende in sozialen Bewegungen? Wie könnte man die Kämpfe der Umweltbewegung mit anderen sozialen Kämpfen verbinden, so dass eine Massenbewegung im Interesse der Arbeiter:innenklasse entsteht?

    Es ist wichtig, dass durch Bündnisarbeit viele Organisationen zusammenkommen und ein gemeinsames Konzept ausarbeiten, mit dem man strategisch seine Ziele verfolgt. Die Solidarisierung des Deutschen Gewerkschaftsbunds bis hin zum Studierendenrat zeigt die Möglichkeiten von Organisierung.

    Wir möchten Menschen zusammenbringen und alle Bewegungen, die sich ernsthaft dafür engagieren, mit einbinden. Aktive Kooperationen von Teilen der Umweltbewegung mit den Gewerkschaften können dabei viel bewirken.

    Einige Studierende haben das Privileg und auch die Zeit, um sich inhaltlich sowie praktisch mit Politik auseinanderzusetzen. Für all jene, die sich nicht so einfach organisieren können, liegt es an uns, ihnen eine Möglichkeit zur Teilhabe zu geben und sich aktiv mit einbringen zu können.

    Denkst du, dass es möglich ist, eine nachhaltige soziale und ökologische Lösung innerhalb dieses Systems zu finden?

    Ich denke nicht, dass es möglich ist in einem kapitalistischen System, so wie bisher. Wir brauchen einen Systemwandel, vor allem in sozialen Strukturen. Deshalb wollen wir einen sozial-ökologischen Notstand ausrufen. Die Klimakrise ist nur ein Produkt von den Widersprüchen, die innerhalb des kapitalistischen Gesellschaftssystems weltweit entstehen. Eine nachhaltige Veränderung kann aber nur die Gesellschaft von unten entwickeln.

    Dennoch, ich denke dass es Hoffnung gibt, wenn immer mehr antikapitalistische Organisationen in Bündnissen zusammenarbeiten und Organisationsformen für Menschen aus der Gesellschaft schaffen möchten.

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