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Donnerstag, März 28, 2024
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    Im Wirtschaftskrieg kann man nicht desertieren

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    Deutschland führt schon längst Krieg – einen Wirtschaftskrieg. In diesem Wirtschaftskrieg sind wir die “Soldat:innen”, die an der Front verfeuert werden sollen. Aber wir können nicht desertieren, sondern müssen uns als Klasse wehren. – Ein Kommentar von Paul Gerber.

    Auf harte Zeiten werden wir gerade äußerst intensiv eingeschworen. Man kann das als Teil der Bemühungen sehen, die deutsche Bevölkerung wieder “kriegsfähig” zu machen. Zugleich ist es aber eine direkte Folge dessen, dass wir uns bereits in einem Wirtschaftskrieg befinden.

    Verständlicherweise wünscht sich wohl keiner, dass dieser Wirtschaftskrieg schnell in einen “echten” Krieg unter direkter deutscher Beteiligung umschlägt, aber ein Wirtschaftskrieg bringt seine eigenen Probleme mit sich. Zum Beispiel kann man in einem Wirtschaftskrieg nicht desertieren und die Soldat:innen bekommen auch keine Gewehre in die Hand gedrückt, die sie – wie eine bekannte Parole aus der revolutionären Arbeiter:innenbewegung sagt – “umdrehen” und gegen die eigene herrschende Klasse richten könnten.

    Selbst durchzusetzen, dass alle Sanktionen und andere Maßnahmen des Wirtschaftskriegs sofort aufgehoben werden, käme einer solchen “Desertation” nicht gleich. Es waren eben nicht “die Sanktionen” alleine, die die momentane Preisexplosion ausgelöst haben, sondern vielmehr der besondere Umgang des Kapitalismus damit, in dem allein die Möglichkeit einer Verknappung Ansatzpunkt genug bietet, auf steigende Rohstoffpreise zu spekulieren, also sozusagen gegen den Lebensstandard der breiten Masse der Arbeiter:innenklasse zu wetten.

    Daran würde sich wohl erst mal wenig ändern, wenn die Sanktionen jetzt aufgehoben würden. Die (noch ziemlich optimistischen) Prognosen, dass sich unsere Heizkostenabrechnungen verdreifachen werden und die Politiker:innen, die mit ernster Miene von “Zerreißproben” sprechen, kündigen es uns an: Ein Zurück zum Gestern, zum “sozialen Frieden” wird es nicht so schnell geben.

    Spätestens mit Ausbruch des Ukraine-Kriegs haben die deutschen Kapitalist:innen nicht nur Russland den Wirtschaftskrieg erklärt, sondern auch eine Großoffensive gegen uns, gegen die Arbeiter:innen angekündigt .

    Die Tatsache, dass an wirklich Niemandem die angekündigte Preisexplosion spurlos vorübergehen wird, birgt aber natürlich auch Chancen. Die gleichzeitige Verarmung von Millionen macht auch in diesem Land ganz deutlich: Wir haben nicht einfach Pech gehabt oder uns nicht genügend angestrengt, wenn wir Angst um unsere Zukunft haben oder Rechnungen nicht zahlen können. Das System ist das Problem. Das System kann uns kein würdevolles Leben sichern.

    Genau diese Erkenntnis gilt es auf die Straßen und in die Herzen unserer Klassengeschwister zu tragen: Natürlich ist es richtig, gegen die Preissteigerungen und für die entsprechende Erhöhung unserer Einkommen zu kämpfen, aber wirklich stoppen werden wir diese Tendenz im Rahmen des Kapitalismus niemals.

    Statt zu desertieren, gilt es also, auch dem Wirtschaftskrieg den Krieg zu erklären. Konkret heißt das, nicht in Schockstarre zu verharren über die (durchaus realistischen) Horrorszenarien, die uns links und rechts um die Ohren gehauen werden, sondern die in diesem Moment naheliegendsten Forderungen mit dem Sozialismus als einziger echter Alternative zu verbinden.

    • Paul Gerber schreibt von Anfang bei Perspektive mit. Perspektive bietet ihm die Möglichkeit, dem Propagandafeuerwerk der herrschenden Klasse in diesem Land vom Standpunkt der Arbeiter:innenklasse aus etwas entgegenzusetzen. Lebensmotto: "Ich suche nicht nach Fehlern, sondern nach Lösungen." (Henry Ford)

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