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Freitag, April 19, 2024
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    Südkurdistan: IS vertreibt Kurd:innen aus ihren Dörfern

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    In den nordirakischen Gebieten, die zwischen der irakischen Zentralregierung in Bagdad und der kurdischen Regionalregierung umstritten sind, sehen Sicherheitsexperten ein Machtvakuum. Dieses konnte der IS nutzen, um in der Region Fuß zu fassen. Darunter leidet vor allem die kurdische Bevölkerung.

    Die faschistischen Milizen des Islamischen Staats (IS) sind weiterhin im Irak aktiv, insbesondere in Südkurdistan, beziehungsweise dem Nordirak. Obwohl die irakische Regierung den IS 2017 für besiegt erklärt hatte, haben verdeckte Zellen der Terrormiliz seither zahlreiche Angriffe durchgeführt. Zudem setzt der IS die Bevölkerung unter Druck und fordert Schutzgeld ein.

    Besonders aktiv ist der IS in den Regionen, deren verwaltungsrechtliche Zuordnung zwischen der Zentralregierung in Bagdad und der kurdischen Regionalregierung in Hewlêr umstritten ist. In der Region Kerkûk vertreibt der IS z.B. immer wieder Kurd:innen aus ihren Dörfern, vor wenigen Tagen verschleppte eine IS-Zelle zwei Brüder aus dem kurdischen Dorf Samud bei Kerkûk. Kurz darauf veröffentlichten Islamisten ein Foto einer Enthauptung in Til Afer bei Mosul. Am Freitag kam es darauf hin zur Ergreifung mehrerer Befehlshaber des IS, die Angriffe in Mosul und Kerkûk planten.

    Laut dem Sicherheitsexperten Şêrzad Semed ist das Erstarken des IS durch die politische Krise zwischen den Regierungen in Bagdad und Hewlêr bedingt und gefährde die Sicherheit der Bevölkerung: „Die Regierung im Irak hat momentan keinen Einfluss und das Parlament kann in den Bereichen Sicherheit, Wirtschaft und Souveränität des Landes nicht zu einer Lösung der bestehenden Probleme beitragen“, so Semed gegenüber ANF: „Dadurch ist die Sicherheit in vielen Gebieten des Irak stark beeinträchtigt und davon profitiert auch der türkische Staat, indem er täglich irakisches Territorium angreift.“

    Dieses Sicherheitsvakuum entstand Semed zufolge nach dem Unabhängigkeitsreferendum, das der damalige Präsident der Autonomen Region Kurdistan, Mesûd Barzanî, 2017 initiiert hatte. Bei dem Referendum stimmten 87 Prozent der Bevölkerung für die Unabhängigkeit der Autonomen Region Kurdistan (KRI). In der Folge besetzte die irakische Armee jedoch 40 Prozent des Territoriums der KRI, darunter auch die erdölreiche Stadt Kerkûk.

    „Vorher befanden sich Peschmerga-Einheiten in diesen Gebieten, aber nach dem Referendum mussten sie abziehen. Jetzt besteht ein großes Sicherheitsvakuum von Şengal über Xaneqîn bis nach Kerkûk. Dort befindet sich eine Pufferzone zwischen der Region Kurdistan und dem Irak“, so Semed weiter.

    „Die irakische Armee kann diese Gebiete nicht vollständig schützen, und den Peschmerga wird nicht erlaubt, dort zum Schutz beizutragen. Aufgrund der Uneinigkeit zwischen irakischer Armee und Peschmerga sind hunderte Quadratkilometer von diesem Sicherheitsmanko betroffen“, erklärte Semed: „Daher kann sich der IS dort frei bewegen und Stellungen der irakischen Armee und der Peschmerga angreifen. Zudem haben sich bewaffnete Gruppen gebildet, die dort im Auftrag der Nachbarstaaten agieren und Angriffe auf Gebiete in der Region Kurdistan durchführen.“

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