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Freitag, März 29, 2024
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    Warnung vor dem Gas „Albtraum-Szenario“ und „Lösungen“ auf dem Rücken der Arbeiter:innen

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    Die Preise auf dem Gasmarkt haben Anfang Juni ein Rekordhoch erreicht. Bei Familien wird in diesem Jahr mit Gasrechnungen gerechnet, die bis zu sechsfach höher sein werden. Jetzt kommen erste Politiker:innen mit „Lösungs-Vorschlägen“ – die auf dem Rücken der Arbeiter:innen ausgetragen werden sollen. Ein Kommentar von Michelle Mirabal

    Die russischen Gaslieferungen wurden zunächst um 60% gedrosselt, und dann wurde die Pipeline Nord Stream 1 ganz außer Betrieb genommen. Der angegebene Grund dafür ist eine Reparatur an einer Turbine, die aufgrund der Sanktionen bisher nicht geliefert werden konnte. Sie soll allerdings jetzt doch herangeschafft werden. Von Kanada soll sie nach Deutschland gebracht werden, und am 22. Juni soll Nord Stream 1 wieder in Betrieb genommen werden können. Ob das so aber auch tatsächlich passiert, ist ungewiss. Die Kosten für all das dürften aber unweigerlich die Arbeiter:innen in Deutschland durch explodierende Gaspreise zahlen.

    Warnungen vor einem „Albtraum-Szenario“

    Wirtschaftsminister Robert Habeck spricht von einem „Albtraum-Szenario“ und von einer „Zerreißprobe“ für die Gesellschaft. Zudem sagt er: „Das wird die gesellschaftliche Solidarität bis an die Grenze und wahrscheinlich darüber hinaus strapazieren“.

    Von welcher Solidarität spricht er, und vor allem für wen? Dieser Krieg zwischen der NATO und Russland wird weiterhin auf dem Rücken der Arbeiter:innen ausgetragen. Sowohl in Russland, der Ukraine als auch hier. Eine Solidarität mit der Bundesregierung sollte und darf es daher nicht geben, sie sind schließlich diejenigen die die Lasten auf uns abwälzen.

    Wirkliche Solidarität unter der Bevölkerung würde heißen, dass wir gemeinsam gegen diesen Krieg und die Krise auf die Straße gehen und gegen die Maßnahmen der Regierung kämpfen.

    Was passiert wenn die Notfallstufe in Kraft tritt?

    Kommt es zur Ausrufung der dritten Gas-Notfall-Plan-Stufe, der sogenannten Notfallstufe, kann die Bundesnetzagentur selbst bestimmen, wer wie viel Gas bekommt. Der bayerische Ministerpräsident Markus Söder sagt dazu, dass private Haushalte dann Vorrang hätten. Auf solche Aussagen sollte man sich aber nicht verlassen. Zum einen werden die Gas- und Stromrechnungen extrem viel höher werden und viele Menschen können die Rechnungen dann schlicht nicht mehr bezahlen. In dem Fall wird das Gas von den Konzernen abgedreht. Zum anderen hat die Vergangenheit oft genug gezeigt, auf wessen Seite die Bundesregierung wirklich steht, nämlich sich im Zweifelsfall für den Vorrang der Wirtschaft entscheidet.

    Ein Beispiel dafür ist die Corona-Pandemie. Statt eines vernünftigen Lockdowns, währenddessen auch die Lohnarbeit eingeschränkt wird, kam es zu einem Freizeit-Lockdown und zu nächtlichen Ausgangssperren. Tagtäglich mussten wir in vollen Bussen und Zügen morgens auf der Arbeit erscheinen und dicht gedrängt in Fabriken arbeiten und Nachmittags konnten wir nichts mehr unternehmen. All das, um die Profite der Konzerne aufrecht zu erhalten und das zu Lasten unserer Gesundheit. Zudem gibt es bereits jetzt Forderungen von Lobby-Verbänden, dass zuerst das Gas bei privaten Haushalten abgestellt werden solle.

    Die Gas-Krise ist eine Systemkrise

    Hohn und Spott für die Arbeiter:innen

    Klaus Müller, der Chef der Netzagentur, spricht davon, dass selbst kleine Maßnahmen und Einsparungen helfen können und ergänzt: „Ich verstehe, dass da manche jetzt drüber lachen. Wenn die die nächste Gasrechnung bekommen, wird ihnen das Lachen aber vergehen“. Für Familien wird mit einer Mehrbelastung von mindestens 2.000-3.000 Euro pro Jahr gerechnet.

    Klaus Müller lebt entweder in einer anderen Welt als wir, oder die Aussage soll uns verspotten. Wir haben bereits seit Monaten durch die steigenden Lebensmittel- , Energie -, und Mietpreise nichts mehr zu lachen. Dazu kommt, dass die Gewerkschaften keine Lohnerhöhungen aushandeln – im Gegenteil handeln sie sogar Reallohnsenkungen aus.

    Wärmehallen oder Aussetzung von Gas- und Stromsperren?

    Jetzt kommen von einigen Seiten Lösungs-Vorschläge für den kommenden Winter: Zum einen wird vom Städte- und Gemeindebund die Einrichtung von Wärmeräumen vorgeschlagen. Dort könnten die Menschen sich zeitweise Aufwärmen, wenn ihnen zu Hause die Heizung abgedreht wird. In den Städten Heidelberg, Landau und Ludwigshafen gibt es bereits solche Pläne. In Ludwigsburg zum Beispiel soll im Notfall eine große Mehrzweckhalle in eine Wärmeinsel umfunktioniert werden.

    Das soll eine Lösung sein? Die Menschen können nicht in diesen Hallen leben, sondern sich nur zwischendurch aufwärmen. Das kann keine Linderung sein. Sich einmal aufzuwärmen oder ein paar Stunden dort zu sein, wird nicht helfen. Wenn man wieder nach Hause muss, wird es genau so kalt sein wie vorher.

    Die Verbraucherschutzministerin Lemke fordert stattdessen ein Gas-Moratorium. Das soll zusichern, dass bei einem Verzug mit der Rechnung das Gas nicht abgestellt werden kann. Es soll also vor Gas- und Stromsperren schützen. Bezahlen müssen wir diese Rechnungen am Ende dann aber natürlich trotzdem.

    Weitere Vorschläge sind eine Anhebung der Sozialleistungen oder eine Deckelung der Energiepreise. Diese Lösungen sind schon deutlich sinnvoller, aber werden nicht von alleine durchgesetzt werden.

    Wollen wir Lösungen, die uns wirklich helfen, müssen wir diese erkämpfen. Nur organisiert und durch Druck von unten können wir unsere Interessen und Rechte gegen die Bundesregierung und die Kapitalist:innen durchsetzten.

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