In Teheran kamen die Staatschefs Russlands, der Türkei und des Iran zu einem gemeinsamen Gipfeltreffen zusammen. Die wichtigsten Themen waren der syrische Bürgerkrieg und die Getreidelieferungen aus der Ukraine.
Am 19.07.2022 trafen sich der russische Präsident Putin, der türkische Präsident Erdoğan und der iranische Präsident Raisi in der iranischen Hauptstadt Teheran. Es handelt sich hierbei um ein politisch bedeutendes Treffen, dessen Einfluss wohl über die Region hinausgehen dürfte.
Sowohl bei Russland als auch bei dem Iran handelt es sich um langjährige Feinde des NATO-Bündnisses, wohingegen die Türkei selber NATO-Mitglied ist. Dieses Treffen reiht sich jedoch ein in eine bisher semi-unabhängige außenpolitische Strategie der Türkei. So verfügt sie weiterhin über gute diplomatische Beziehungen sowohl zur Ukraine als auch zu Russland.
Hauptthema des Gipfeltreffens war der so genannte „syrische Bürgerkrieg“. Ein Konflikt, der bereits seit 2011 wütet und berechtigterweise als Stellvertreterkrieg bezeichnet werden kann. So unterstützen die USA und ihre NATO-Partner lange Zeit aktiv die oppositionellen Streitkräfte der sog. „Freien Syrischen Armee“ (FSA).
Russland hingegen ist sogar direkt auf Seiten der Regierung des syrischen Präsidenten Assad in den Krieg eingetreten. Der Iran unterstützt aktuell ebenfalls die syrische Regierung. Die Türkei hingegen ist wohl am stärksten aktiv in Syrien involviert. So hält der türkische Staat nördliche Teile des Landes besetzt (z.B. das Kanton Afrin) und hat des Weiteren einen erneuten Einmarsch in naher Zukunft angekündigt.
Hintergrund dessen ist die im Norden von Syrien (kurdisch: Rojava) bereits zehn Jahre andauernde demokratische Revolution, die eine direkte politische Bedrohung für das Erdoğan-Regime darstellt. So befinden sich die Revolutionär:innen in Rojava (mehrheitlich Kurd:innen) in engem Kontakt zur kurdischen Befreiungsbewegung in der Türkei/Nordkurdistan.
Außerdem steht die Region seit ihrer faktischen Unabhängigkeit 2013 unter konstantem militärischem und wirtschaftlichem Druck durch die Türkei und durch islamistische Terrormilizen. Nun haben auf dem Gipfeltreffen die Präsidenten Russlands und des Iran bekräftigt, dass sie keine „Aufspaltung“ Syriens wünschen, dass sie sog. „Separatismus und Extremismus“ bekämpft sehen wollen und die syrische Regierung Assads voll unterstützen.
Die Position der Türkei hingegen steht hiermit teilweise in Widerspruch. So betonte Erdoğan, dass die Türkei aktiv weiter gegen angebliche „Terroristen“ vorgehen werde. Ersichtlich jedoch ist, dass keiner der drei Staaten sich auf die Seite der kurdischen und demokratischen Revolutionär:innen stellt, mehr noch, dass alle drei Staaten ihnen feindlich gesonnen sind.
Auch liegt der Verdacht nahe, dass Erdoğan das Treffen nutzte, um Russland und den Iran dazu zu bewegen, die eigenen Invasionspläne in den kurdischen Gebieten zu unterstützen oder wenigstens zu dulden.
Ein weiteres Thema waren die aktuell zwischen der Ukraine und Russland laufenden Verhandlungen bezüglich der Blockade ukrainischer Häfen und dem somit unterbundenen Export ukrainischen Getreides. Die Türkei agiert hierbei als Vermittlerin.
Es handelt sich hierbei um eine weltweit bedeutende Frage, da viele Länder z.B. in Nordafrika von den ukrainischen Getreideexporten abhängig sind. Zwar gab es bisher noch keine Neuigkeiten zum Stand der Verhandlungen, doch Erdoğan betonte Russlands „sehr, sehr positives Herangehen“ in diesen.
Im Falle von Russland und dem Iran handelt es sich um zwei stark von der USA und der EU sanktionierte Staaten, die bereits über längere Zeit diplomatische Beziehungen zueinander unterhalten. Nun befürchten westliche Politiker:innen, dass ihre Strategie der diplomatischen und ökonomischen Isolierung Russlands nicht aufgeht. Oder wie die WDR-Reporterin Ina Ruck es ausdrückte: Russland ist „nur in Richtung Westen“ isoliert.