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      Die Diskussion um den Sozialen Pflichtdienst als Teil der deutschen Kriegsvorbereitung

      Ein Sozialer Pflichtdienst steht seit Jahren immer wieder auf der Tagesordnung im Parlament und den Medien. Neben der krassen Ausbeutung in solchen Pflichtdiensten dient die Diskussion auch ganz subtil einem anderen Zweck: der Militarisierung. – Ein Kommentar von Fridolin Tschernig.

      Es habe ihn nicht verwundert, dass nicht sofort alle zugestimmt haben, sagte der Bundespräsident der BRD Frank-Walter Steinmeier vor wenigen Tag gegenüber der Deutschen Presse-Agentur (dpa).

      Gemeint war sein Vorschlag, einen sogenannten “Sozialen Pflichtdienst” einzuführen. Obwohl es so schön und engagiert klingt, ist damit nichts anderes als eine Neuauflage der Wehrpflicht unter etwas anderen Vorzeichen gemeint.

      Für eine gewisse Zeit sollen vor allem junge Menschen im “sozialen Sektor” verpflichtend angestellt, mit anderen Worten ausgebeutet werden. Denn so wie bei anderen “sozialen Diensten” ist davon auszugehen, dass der Mindestlohn nicht greifen wird.

      Faktisch also geht es um besonders günstige Arbeitskräfte, um Lücken zu stopfen. Die Personalplanung in Krankenhäusern und Pflegeheimen baute zum Beispiel in den letzten Jahrzehnten stets darauf auf.

      Vorgeschoben für die Einführung eines verpflichtenden Dienstes werden unterschiedliche Gründe: Zum Einen soll er “den Horizont erweitern” , “demokratisieren” und “aus der sozialen Bubble herausführen”. Zum Anderen wird der Mangel an Fachkräften in der Pflege oder in der Erziehung immer wieder ganz offen als Legitimation herangezogen.

      Mit einem Dienst können diese Lücken nämlich gefüllt werden. Etwas zynnisch ist das schon, bedenkt man, dass erst der Drang nach mehr Profit genau diese Stellen gekürzt, Löhne gesenkt und Arbeitszeiten “flexibel” verlängert hat, so dass die Arbeit im sozialen Bereich kontinuierlich an Attraktivität verloren hat. Und diese selbstgemachten Mängel sollen eben nun die jungen Leute low cost und zudem unausgebildet ausgleichen.

      Mit diesen immer gleich bleibenden Argumenten ziehen alle Jahre wieder die PolitikerInnen und andere Reaktionäre ins Feld. Seit 2011 taucht die Debatte jährlich auf und verschwindet immer wieder. Es sind Beispiele aus 2012 , 2020 und nicht zuletzt wieder aus diesem Jahr zu finden.

      Warum noch einmal seit 2011? In diesem Jahr wurde die Wehrpflicht ausgesetzt, und jedes Jahr aufs Neue probieren die Bonzen und Politiker:innen, “den verpflichtenden Staatsdienst” wieder einzuführen.

      Hinter dem Sozialen Pflichtdienst steht eigentlich die Wehrpflicht

      Der aktuell diskutierte Vorschlag ist aber nicht nur eine Wiedereinführung des Zivildienstes. Von Anfang an schlug Steinmeier vor, dass dieser “Soziale Pflichtdienst” auch bei der Bundeswehr verrichtet werden könnte. Die Jugend soll sich also langsam damit anfreunden können, in den Dienst des Staats eingezogen zu werden, “Wehrpflicht light” könnte man auch sagen.

      Auch wenn in diesem Modell zunächst vorgesehen ist, dass sich Jugendliche bewusst für das Militär entscheiden müssen, um dort zu landen, steht mit ihr die Wehrpflicht immer mit im Raum. Und dieses Mal soll das Thema nicht so schnell wieder verschwinden, fordert Steinmeier.

      Der Krieg erhöht den Druck auf die Herrschenden

      Aber warum wird genau jetzt die Wehrpflicht wieder ins Spiel gebracht? Vorgeschobener Grund ist auch hier wieder die beliebteste Ausrede dieser Tage: Der Ukraine- Krieg.
      Wenn wir diesen als Prolog zu einem nächsten großen Krieg verstehen, ergibt das sogar Sinn. Die BRD will, ja, sie muss wieder kriegsfähig werden. Die nationale Finanz-Oligarchie um die großen deutschen Monopole VW, Allianz, Siemens und die Familien- Clans Quandt, Schwarz, Albrecht und Porsche sehen sich im Zugzwang aufzurüsten. Denn die Bundeswehr liegt weiter hinter den Armeen der anderen imperialistischen Staaten zurück.

      Vor allem fehlt es an funktionierender Ausrüstung und dem Personal. Mit dem 100-Milliarden-Paket und der dauerhaften Erhöhung des Militäretats wird sicherlich das erste Problem angegangen werden. Und wir können uns auch wieder auf neue, hippe, freshe Bundeswehrwerbung freuen. Das zweite Problem aber kann langfristig und muss spätestens zum dritten Weltkrieg nur mit der Wehrpflicht gelöst werden.

      Einzig die massive Aufstockung der 260.000 Soldat:innen auf ein Vielfaches dieser Zahl wird dem deutschen Imperialismus wieder eine Möglichkeit geben, siegreich aus dem großen Krieg zu gehen und der Welthegemonie einen Schritt näher sein.

      Der Soziale Pflichtdienst ist keinesfalls isoliert zu betrachten. Mit ihm steht immer die Wehrpflicht im Raum und diese haben die deutschen Monopole und ihr Staat, die BRD, bitter nötig, wenn sie mit anderen Großmächten militärisch mithalten wollen. Ihre letztliche Zielsetzung wird sicherlich eine Wehrpflicht sein, bei der Jugendlichen nicht mehr die Wahl gelassen wird, ob sie “ihren Dienst am Vaterland” im Altenheim oder im Schützengraben verrichten wollen.

      Es gilt somit, schon gegen einen „Sozialen Pflichtdienst“ einzutreten. Selbst wenn er mit der Behauptung daher kommt, in jungen Menschen den Sinn für Verantwortung für die Gesellschaft wecken zu wollen, bleibt sein Ziel am Ende doch, uns wieder zu treuen Dienern des Staates zu machen, die ihr Leben gerne für seine Pläne opfern.

      • Seit 2022 Autor bei Perspektive. Schreibt als Studierender aus Sachsen insbesondere internationalistisch über die Jugend, Antimilitarismus und das tagespolitische Geschehen. Vorliebe für Gesellschaftsspiele aller Art.

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