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Donnerstag, April 25, 2024
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    2.000 Menschen gehen nach Brandanschlag auf eine Geflüchtetenunterkunft in Leipzig Grünau auf die Straße

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    In der Nacht vom 26.08. auf 27.08. ereignete sich ein Brandanschlag auf die Geflüchtetenunterkunft in der Liliensteinstraße 15a in Lausen-Grünau, Leipzig. Mehrere Brandsätze wurden von Unbekannten auf die Unterkunft geworfen. Alles deutet auf faschistischen Terror hin.

    Denn der Zeitpunkt des Anschlags ist kein Zufall: Fast auf den Tag genau gab es vor 29 Jahren einen Angriff auf die gleiche Geflüchtetenunterkunft durch Neonazis und vor 30 Jahren ereignete sich das Pogrom in Rostock Lichtenhagen.

    Außerdem reiht sich der Anschlag in eine Reihe von rassistischen Angriffen ein, die zeitlich nur Stunden oder wenige Tage auseinander liegen. So wurde eine Kindertagesstätte, die hauptsächlich von geflüchteten ukrainischen Kindern besucht wird, am gleichen Wochenende, im selben Stadtteil, Opfer eines Brandanschlags.

    Auch die Turnhalle einer Grundschule in Lausen-Grünau stand vor wenigen Tagen in Brand. Und das genau ein Jahr nach dem Brandanschlag auf die gleiche Turnhalle.

    2.000 Menschen beteiligten sich daraufhin am 29.08. an der Demonstration

    Als Zeichen der Solidarität meldete „Leipzig nimmt Platz“ kurzfristig eine Demonstration um 18:45 Uhr in Grünau an. Diese startete mit einer Auftaktkundgebung am Grünauer Allee-Center, auf der einige Redebeiträge gehalten wurden. Die Redner:innen-Liste reichte vom Migrant:innenbeirat über die Veranstaltenden und einem Betroffenem bis hin zu bürgerlichen Parteien wie „Die Linke“ und „Die Grünen“.

    Letztere sprachen hauptsächlich über vergangene Anschläge und kritisierten vor allem die fehlende staatliche Verantwortung, etwa die des Innenministers von Sachsen. Von Eigenverantwortung der regierenden Partei „Die Grünen“ oder der ebenfalls im Stadtrat und Landtag sitzenden Partei „Die Linke“ war jedoch keine Rede. So verurteilte Juliane Nagel (Mitglied des sächsischen Landtags) unter anderem lediglich die bisherigen Anschläge oder etwa die Abschiebung einer Familie vor kurzer Zeit. Eine wirkliche Lösung des Problems wurde von keiner:m der Redner:innen genannt.

    Unübersichtliche Lage und Pyrotechnik im Demonstrationszug

    Die Demonstration verlief anschließend durch große Wohnviertel und wurde aufgrund der teilweise engen Wege zunehmend unübersichtlich. Die Polizei trug zwischenzeitlich Helme und wurde daraufhin über den Lautsprecherwagen auf die solidarische und friedfertige Natur der Veranstaltung hingewiesen.

    Mehrfach wurde auf dem Weg im autonomen Block Pyrotechnik gezündet. Viel Energie spürte man außerdem aus den Reihen der „Föderation Klassenkämpferischer Organisationen“ (FKO), vertreten durch das „Frauenkollektiv“, die „Internationale Jugend“ und das „Solidaritätsnetzwerk“, sowie von „ZORA“ und „Young Struggle“.

    Während der Demonstrationszug in Bewegung war, wurden mit Parolen wie „Nazis morden, der Staat macht mit! Der NSU war nicht zu dritt!“, „Hinter dem Faschismus steht das Kapital! Der Kampf um Befreiung ist international!“ oder „Solidarität muss praktisch werden! Feuer und Flamme den Abschiebebehören!“ die Zusammenhänge und Tragweite von Rassismus betont.

    Zwischenkundgebung mit kurzzeitig angespannter Lage

    Vor der Geflüchtetenunterkunft wurde dann eine Zwischenkundgebung abgehalten, bei der auch zwei betroffene Bewohner der Unterkunft sprachen. Diese kritisierten unter anderem die schikanierenden Vorgänge bei der Asylbeantragung, die fehlenden Integrationsmöglichkeiten und auch rassistische Anfeindungen, die sie tagtäglich über sich ergehen lassen müssen.

    Direkt danach sprach ein Pfarrer über die Eingliederungsmöglichkeiten der Kirche,   die es gäbe, wie etwa Deutsch-Kurse. Auch das Rassismus Problem sprach der Pfarrer an, das sich seiner Ansicht nach mit “christlicher Nächstenliebe“ lösen ließe.

    Zu Wort kam außerdem die Jugendorganisation der SPD, deren Redebeitrag allerdings bei Teilen der Demonstrant:innen auf keine gute Resonanz stieß und mit Parolen wie „Wer hat uns verraten? Sozialdemokraten!“ unterbrochen wurde.

    Zeitgleich musste ein Faschist, der am Rande die Kundgebung belästigte, von Demonstrant:innen von seiner Teilnahme verwiesen werden.

    Endkundgebung mit Redebeitrag der Internationalen Jugend

    Nach drei Stunden endete die Veranstaltung mit der Endkundgebung. Zu Wort kamen Redner:innen von „ver.di“, „Rassismus tötet“ und der „Internationalen Jugend (IJ)“.

    Von „ver.di“ und „Rassismus tötet“ wurden dabei lediglich einzelne strukturelle Probleme innerhalb des Systems angesprochen. Einen Schritt weiter war die IJ mit ihrer Rassismus-Analyse: Sie kritisierte zunächst stark die Aussagen bürgerlicher Politiker:innen, dass diese Anschläge überraschend, unverständlich und ein Warnsignal seien. Laut IJ „gehören aber faschistischer Terror und organisierte Nazi-Strukturen in der BRD zum politischen Alltag und das seit ihrer Gründung.“

    Anhand von treffenden Beispielen wie Wehrsportgruppen, neonazistischen Paramilitärs und Kampfverbänden wurden die Verbindungen zwischen faschistischen Organisationen, dem Verfassungsschutz, der Bundeswehr und der Polizei aufgezeigt. Die Machenschaften dieser Organisationen und deren Mitglieder seien außerdem meist bekannt, vorgegangen werde gegen diese jedoch nicht.

    Laut IJ sei der Staat also nicht „auf dem rechten Auge blind“, sondern beängstigender Weise selbst das Problem.

    Die einzige Lösung sei die Organisierung aller antifaschistischen Menschen, auf Basis ihrer Klasseninteressen gegen die kapitalistischen Wurzeln des Faschismus. Mit der Losung „Rassismus spaltet, Klassenkampf vereint!“ kam die Kundgebung zum Ende.

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