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Donnerstag, April 18, 2024
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    Gegenoffensive in der Ukraine: Steht Russland vor der Niederlage?

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    Das ukrainische Militär hat in den letzten Tagen die russische Armee von verschiedenen wichtigen Punkten zurückgedrängt. Was bedeutet die „Gegenoffensive“?

    Wie verschiedene Medien berichten, drängten ukrainische Truppen am Wochenende die russische Armee im Nordosten der Ukraine zurück. Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj sprach von 2.000, einer seiner Armeechefs von 3.000 Quadratkilometern Geländegewinn.

    Wie der Militärexperte Carlo Masala von der Universität der Bundeswehr am Samstag im Deutschlandfunk bemerkte, gehe es jedoch nicht um Quadratkilometerzahlen. Stattdessen habe die ukrainische Armee die „Initiative“ im Krieg ergriffen und greife strategisch wichtige Punkte an, wodurch die russischen Truppen von ihren logistischen Versorgungslinien abgeschnitten werden könnten. Beispielsweise legen die ukrainischen Truppen im Süden einen Fokus auf Cherson, um das russische Ziel einer „Landbrücke“ vom Donbass zur Krim scheitern zu lassen.

    Schneller Sieg für die NATO?

    Auf Seiten der NATO und ihrer Verbündeten erhofft man sich von der ukrainischen „Gegenoffensive“ einen Umbruch im Krieg: „Ich glaube, dieser Winter ist der Wendepunkt, und er kann zur schnellen Befreiung der Ukraine führen”, so Selenskyj.

    Gleichzeitig häufen sich Berichte von Unzufriedenheit mit der Kriegsführung Wladimir Putins unter russischen Politiker:innen: Es sei keine Übertreibung, dass das scheinbare Ausmaß des Zusammenbruchs der russischen Armee „die potentiell größte Bedrohung für Putins Herrschaft seit dessen Machtantritt vor 22 Jahren“ sei, so der Moskau-Korrespondent der Times, Marc Bennetts.

    Zeitgleich werden in Russland derzeit die Konjunkturprognosen nach oben korrigiert. Der Einbruch solle nicht so schlimm wie befürchtet ausfallen. Bis 2030 rechnet das Wirtschaftsministerium mit einem Bruttoinlandsprodukt, das 17 Prozent größer als das des vergangenen Jahres sein soll.

    Die Ukraine ist nach wie vor eines der ärmsten Länder Europas und in vollkommener neokolonialer Abhängigkeit von imperialistischen Ländern. Die Gegenoffensive selbst war wohl überhaupt nur durch Daten der US-Geheimdienste möglich.

    Zudem steht das Land vor einem möglichen Staatsbankrott. Erst vor wenigen Tagen wurden der Ukraine Verbindlichkeiten in Höhe von 3,6 Milliarden Dollar durch eine westliche Gläubigergruppe erlassen, da man einen Schuldenschnitt von 20 Prozent durchsetzen konnte.

    Zudem wurde die ukrainische Währung im Juli gegenüber dem Dollar um 25 Prozent abgewertet, um die im eigenen Land produzierten Waren zu stärken.

    Auch der Krieg macht dem Land wirtschaftlich zu schaffen, da sich Russland zum Beispiel großer Teile der Kohlevorkommen der Ukraine bemächtigt hat. Das hatte dazu geführt, dass Kohle importiert werden musste. Außerdem mehren sich die Berichte von ukrainischen Deserteuren, die über die Karpaten nach Rumänien fliehen. Dabei ertrinken immer wieder Ukrainer:innen im Grenzfluss Theiß.

    Weder Euren Krieg noch Euren Frieden!

    Deutscher Imperialismus spannt die Kräfte an

    Die Lage ist also durchaus komplex. Sowohl der russische Imperialismus als auch die faktische NATO-Armee der Ukraine haben mit großen Schwierigkeiten zu kämpfen. Ein schnelles Ende des Krieges scheint eher unwahrscheinlich.

    Der deutsche Staat hatte den Krieg wegen seiner Abhängigkeiten zu Russland nicht gewollt, versucht ihn aber nun zu nutzen, um sich eine möglichst gute Ausgangsposition für kommende Kriege zu schaffen. Die militärischen Erfolge der ukrainischen Armee stellen insofern einen günstigen Moment und eine Chance dar, die man ergreifen will.

    So wird nun auch der Ruf nach größeren Waffenlieferungen oder der direkten Versorgung der Ukraine mit deutschen Kampfpanzern lauter. „Mit unseren Panzern würde die Befreiung schneller voran kommen, und weniger Ukrainer müssten sterben“, so der FDP-Verteidigungspolitiker Marcus Faber.

    Für Deutschland sind also schnelle Erfolge wichtig, auch um der Kriegsmüdigkeit der eigenen Bevölkerung entgegen zu wirken.

    Von deutscher Seite ist deshalb in der kommenden Zeit eher eine Fortsetzung der Aufrüstungsoffensive zu erwarten. Christine Lambrecht, SPD-Verteidigungsministerin, sagte dazu in einer Grundsatzrede zur deutschen „Sicherheits“strategie: „Deutschlands Größe, seine geografische Lage, seine Wirtschaftskraft, kurz: sein Gewicht, machen uns zu einer Führungsmacht, ob wir es wollen oder nicht. Auch im Militärischen.“

    Künftig werde man die Militärausgaben weiter erhöhen. Zudem will Lambrecht die Kriegsbegeisterung in der eigenen Bevölkerung durch einen „Kulturwechsel“ anheizen und einen jährlichen „Tag der nationalen Sicherheit“ einführen.

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