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Donnerstag, April 25, 2024
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    Neue Details zu Polizeimorden in Mannheim und Dortmund

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    Nachdem Polizisten im Mai innerhalb von neun Tagen zwei junge Menschen in Mannheim sowie am 8. August einen Jugendlichen in Dortmund töteten, kommen nun weitere Details ans Licht. Demnach handelte es sich in allen drei Fällen um Morde durch die Polizei. Politik und Polizeigewerkschaft spielen dies derweil herunter, sprechen von „Erschütterung unserer Gesellschaft“ und „guter Aufarbeitung“ durch den Rechtsstaat.

    Die Fälle Mannheim und Dortmund

    Anfang Mai kam es jeweils durch Polizeieinsätze am 2. und 10. Mai zu Toten. Im ersten Fall wurde die Polizei von einer Mannheimer Psychiatrie um die Suche nach einem Patienten gebeten. Der 47-jährige Patient wurde gefunden, nur um kurz darauf von einem Polizisten auf den Boden gerungen und auf den Kopf geschlagen zu werden. Er starb an seinen Verletzungen.

    Im zweiten Mannheimer Einsatz eine Woche später gab die Polizei einen Schuss auf einen 31-jährigen Mann ab. Dieser hatte sich offensichtlich in einer psychischen Notsituation befunden. Grund für den Polizeieinsatz war ein Streit mit seiner Mutter, bei der er sich selbst mehrere Schnitt- und Stichwunden hinzugefügt haben und damit gedroht haben soll, sich das Leben zu nehmen.

    In Dortmund schoss die Polizei am 8. August sechs Mal auf einen 16-jährigen Geflüchteten. Ein Betreuer der Jugendhilfeeinrichtung hatte zuvor die Polizei verständigt, da sich Mohamed D. ein Messer an den Bauch gehalten habe. Der Jugendliche befand sich dabei auf dem eingezäunten Areal der Einrichtung. Als wahrscheinliches Motiv galt Suizid.
    Anwohner:innen beklagten die Zunahme von Schikanen durch die Polizei. Infolge des zunehmend brutalen Vorgehens der Polizei und der genannten Todesfälle protestierten in Dortmund ebenso wie in Mannheim tausende gegen die Polizeigewalt.

    Dortmund: Hunderte gehen nach Polizeimord an 16-Jährigem auf die Straße

    Zunahme von Polizeigewalt wird kaschiert

    Das jetzt erschienene Gutachten spricht im Mannheimer Fall vom 2. Mai zurückhaltend von einem „unnatürlichen Tod infolge des Polizeieinsatzes“. Viele Medien hatten bisher auf den schlechten Gesundheitsszustand des „Kollabierten“ verwiesen. Es handelte sich bei dem durch die Polizeigewalt Getöteten um einen Psychatriepatienten.

    Währenddessen wertet die Staatsanwaltschaft Mannheim die Ergebnisse der Ermittlungen des LKAs, die Beweise und das Gutachten weiter aus. Von dort heißt es, „es wird geprüft, ob weiter ermittelt werden muss.“ Wann die aufwendigen Ermittlungen abgeschlossen sein werden, lasse sich noch nicht absehen. Es gelte weiter die „Unschuldsvermutung“, so die Staatsanwaltschaft.

    Die Untersuchungsergebnisse würden zeigen, dass „die Staatsanwaltschaft diesen Fall sehr genau und unvoreingenommen prüft. Das zeichne unseren Rechtsstaat aus“, so Boris Weirauch, Justiziar der SPD-Landtagsfraktion.

    Die Gewerkschaft der Polizei (GDP) verurteilte in Reaktion auf die Proteste Kritik an der Polizei als „Hass und Hetze“. Sie dürften „ebenso wie Gewaltandrohungen in unserer Gesellschaft keinen Raum bekommen.“

    Von wegen Freund und Helfer

    Inzwischen wurde auch im zweiten Fall von Mannheim deutlich, dass die Polizei keine Hilfe für den Betroffenen darstellte, sondern ihr Eingreifen direkt zum Tod eines Menschen führte. Eine Nachbarin hatte auf Bitte der Mutter des Getöteten die Polizei alarmiert. Zuvor soll sich der Sohn bei einem Streit mehrfach ein Küchenmesser an den Hals gehalten haben.

    Die herbeigerufene Streife verschaffte sich Zutritt zu der Wohnung. Laut LKA versuchten die Beamten zwar zunächst, den 31-Jährigen zu beruhigen. Als das nicht „gelang“, eröffnete sie jedoch das Feuer.

    3 Minuten reichen Polizisten in Dortmund

    Wie jetzt bekannt wurde, lagen zwischen der Kontaktaufnahme der Dortmunder Polizisten mit dem Geflüchteten Mohamed D. und den tödlichen Schüssen lediglich drei Minuten. Dem polizeilichen Einsatzprotokoll zufolge wählten Betreuer der Geflüchtetenanstalt den Notruf. Um 16.44 Uhr nahm der Einsatztrupp durch den Zaun Kontakt zu Mohamed D. auf, um 16.46 Uhr wurde „vorgerückt“: Die Polizisten feuerten zunächst Reizgas auf den Teenager ab, dann folgten sechs Schüsse in dessen Körper.

    Der Einsatzleiter wartete trotz günstiger Lage nicht auf psychologische Hilfe oder einen Dolmetscher – er gab das Kommando zum Erschießen, da „eine unmittelbare Lebensgefahr durch Selbstverletzung“ bestanden habe. Der junge Mohamed D. starb.

    NRW-Innenminister Herbert Reul räumte nun bereits öffentlich ein, der Einsatz sei „nicht einwandfrei“ abgelaufen und der ermittelnde Oberstaatsanwalt Carsten Dombert bezweifelt, dass hier die „mildesten Mittel gewählt“ worden seien. Von Polizeigewalt spricht allerdings auch hier niemand.

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