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Donnerstag, April 25, 2024
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    Bildungstrend 2021: Dramatische Verschlechterung bei Viertklässler:innen

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    Homeschooling und Mangel an Bildungsangeboten lassen die schulischen Fähigkeiten von Kindern weiter absinken. Besonders betroffen sind Kinder armer Familien und von Migrant:innen.

    Der Bildungstrend des Instituts zur Qualitätsentwicklung im Bildungswesen (IQB) fragt alle 5 Jahre die Fähigkeiten der Viertklässler:innen in den Fächern Deutsch und Mathematik ab. Nachdem im Juli bereits erste Ergebnisse der Befragung aus dem vergangenen Jahr veröffentlicht wurden, offenbart sich nun das volle Ausmaß der Missstände an deutschen Schulen.

    Die Studie wählte aus allen Bundesländern zufällig Schulen aus und führte dann mit den vierten Klassen verschiedene Tests durch. Dabei werden die Testergebnisse fünf verschiedenen Kompetenzstufen zugeordnet: Unter dem Mindeststandard, Mindeststandard, Regelstandard, Regelstandard Plus und Optimalstandard.

    Besonders in den Bereichen Rechtschreibung und Mathematik schnitten die Schüler:innen schlecht ab. In der Rechtschreibung verfehlen 30,4% den Mindeststandard, im Bereich Mathematik sind es noch 21,8%.

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    Alarmierend ist auch die nochmalig deutliche Verschlechterung seit der letzten Befragung 2016. In den letzten 5 Jahren haben sich die Schüler:innen in den Bereichen Lesen, Zuhören und Rechtschreibung sowie in Mathematik im Schnitt zwischen 8 – 10% verschlechtert. Gleichzeitig hat der Anteil der Kinder, die am Ende der vierten Klasse den Mindeststandard verfehlen, in allen Bereichen zwischen 6 bis 8 Prozentpunkten zugenommen.

    Große Unterschiede zwischen den Bundesländern

    Fast überall lässt sich dieser Abwärtstrend beobachten. Allein in Hamburg, Rheinland-Pfalz und Bremen sind die Leistungen der Heranwachsenden relativ stabil geblieben. Bremen ist allerdings im Ländervergleich weiter das Schlusslicht.

    Laut dem IQB, das den Bericht herausgibt, entspricht der Kompetenzunterschied zwischen dem Land mit dem höchsten (Bayern) und dem Land mit dem niedrigsten Mittelwert (Bremen) bis zu einem ganzen Schuljahr an Lernzeit in Lesen und Zuhören. Bei der Rechtschreibung entspricht der Niveauunterschied etwa zwei Dritteln eines Schuljahres und in Mathematik drei Vierteln eines Schuljahres.

    Auch die Kluft zwischen Kindern reicher Familien und Kindern armer Familien hat sich wesentlich vergrößert. Hinzu kommt, dass bei Kinder mit Migrationshintergrund – vor allem bei denjenigen, die eine andere Sprache als Deutsch zu Hause sprechen – die Lernrückstände größer wurden.

    Das lasse sich vor allem darauf zurückführen, dass Kinder, die daheim eine andere Sprache sprechen als Deutsch, gerade in der Zeit des Fernunterrichts und Homeschoolings während der Pandemie weniger Gelegenheit hatten, ihre deutschsprachigen Kompetenzen weiterzuentwickeln, so Petra Stanat, wissenschaftliche Leiterin des IQB. Die Viertklässler:innen, die bei diesem Bildungstrend befragt wurden, hatten etwa 32 Wochen Fern- und Wechselunterricht.

    „Bezogen auf den anzunehmenden Lernzuwachs variieren die Lernrückstände von [migrantischen] Kindern der ersten Generation etwa zwischen einem dreiviertel Schuljahr und mehr als zwei Schuljahren, und für Kinder der zweiten Generation ungefähr zwischen einem Drittel Schuljahr und eineinhalb Schuljahren“, heißt es im IQB-Bildungstrend.

    Der Fernunterricht sei ein wesentlicher Faktor für die Lernrückstände, allerdings nicht der einzige. Grundsätzlich fehle es an allen Ecken und Enden: Das Bildungssystem sei nicht angemessen ausgestattet, um die Bildung der Heranwachsenden auf einem hohen Niveau zu sichern.

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    Die Schulen haben jedoch nicht ausreichende Mittel zur Verfügung, also hängt der Lernerfolg der Kinder weiterhin von den Eltern und deren Klassenlage ab.
    Stanat fügte hinzu: „Eine nachhaltige Verringerung des Anteils von Schüler:innen, die nicht die Mindeststandards erreichen, wird man durch temporäre Programme wohl nicht erreichen.“

    Trauriges Fazit: Eine langfristige Lösung der grundlegenden Probleme des kapitalistischen Bildungssystems in Deutschland scheint unter den aktuellen gesellschaftlichen Verhältnissen nicht möglich zu sein.

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