Die Polizeieinheit “Blumberg” ist für ihr brutales Vorgehen bekannt. Unter anderem bei den Protesten gegen den Castor-Transport nach Gorleben im November 2010 wie auch beim Hamburger Schanzenfest im September 2009 endete ihr Einsatz mit Schwerverletzten. Die Bundesländer Niedersachsen und Hamburg müssen sich deswegen jetzt vor Gericht verantworten.
Seit 2010 geht der Prozess gegen die „Beweissicherungs- und Festnahmeeinheit (BFE) Blumberg” jetzt schon. Der Kläger Niels M. beteiligte sich damals an den Protesten gegen den Castor-Transport von Atommüll nach Gorleben.
Bei Laase im Landkreis Lüchow-Dannenberg wollte er mit seinem Freund Jannik J. ein Anti-Atomkraft-Transparent in einem Baum anbringen. Sowohl er als auch Jannik J. waren gelernte Baumpfleger und geübte Kletterer. Daraufhin schoss ein Beamter der Einheit “Blumberg” ohne Vorwarnung mit einem Pfefferspray-Gerät auf die beiden Männer. Niels M. wurde in die Augen getroffen und fiel aus fünf Metern Höhe aus dem Baum. Dabei erlitt er einen Brustwirbelbruch. Auch Jannik J., der sich noch in dem Baum befand, wurde von dem Beamten attackiert.
Klage trotz Beweise abgelehnt
Trotz Augenzeug:innen und Fotos, unter anderem von der italienischen Journalistin Simone Z., leugnen die Beamten:innen bis heute, Pfefferspray eingesetzt zu haben, obwohl an der Kleidung von Niels M. Pfefferspray-Rückstände gefunden wurden.
Die strafrechtlichen Ermittlungen gegen die Einheit von der Staatsanwaltschaft Lüneburg wurden daraufhin eingestellt. Auch das Landgericht Lüneburg stand hinter der Einheit und wies 2014 die Klage von Niels M. ab.
Der Kläger ging daraufhin in Berufung, er fordert ein Schmerzensgeld von 25.000 Euro und einen Ersatz für den Verdienstausfall von 13.000 Euro. Sollte Niels M. Recht bekommen, müsste das Land Niedersachsen aufgrund des “Bestellerprinzips” dafür aufkommen, da es den Einsatz der Einheit “Blumberg” angeordnet hat.
Brutales Vorgehen beim Hamburger Schanzenfest
Ebenfalls 25.000 Euro Schmerzensgeld sowie eine monatliche Rente fordert ein Betroffener, der von der Einheit “Blumberg” beim Hamburger Schanzenfest schwer verletzt wurde.
Als in der Nacht zum 13. September 2009 das Straßenfest von der Polizei geräumt wurde, stürmten die Beamt:innen eine Nebengasse, in der sich Kläger Johannes M. mit seiner Freundin aufhielt. Ein Beamter schlug dem 36-jährigen Vater grundlos auf den Kopf und ließ ihn schwer verletzt liegen.
Johannes M. erlitt einen zweifachen offenen Bruch der Hirnschale und daraus resultierend eine lebensbedrohliche Luftblase im Gehirn. Seit dem Angriff ist Johannes M. Frührentner.
Ermittlungen verliefen im Sande
Ein Gutachten der Rechtsmedizin der Uniklinik Eppendorf ergab, dass die Verletzungen vorsätzlich mit einem Kampfstock der Marke “Tonfa” verursacht wurden, der zur Standardausrüstung der Einheit “Blumberg” gehört. Dennoch wurden die Untersuchungen des Dezernats für interne Ermittlungen eingestellt.
Johannes M. fordert jedoch weiterhin eine Entschädigung für den brutalen Angriff. Sollte er vor Gericht Recht bekommen, müsste das Schmerzensgeld – ebenfalls nach Bestellerprinzip – vom Bundesland Hamburg gezahlt werden.
“Blumbergs” Vorgehen blieb bislang ohne Konsequenzen
Bisher bleiben die Ermittlungen und Verfahren gegen den BFE “Blumberg” jedoch immer erfolglos . So fiel die Einheit bereits bei den Protesten gegen den Castor-Transport 2005 durch ihr brutales Vorgehen auf. Mehrere Menschen wurden dabei verletzt.
Ein Franzose, der mit drei Polizisten auf seinem Rücken sitzend am Boden lag, erlitt durch den Tritt eines Beamten ins Gesicht eine Verletzung am linken Auge, verlor mehrere Zähne und wurde von der Polizei danach blutüberströmt über den Boden gezogen.
Da sein Ausweis von der Polizei konfisziert und einbehalten wurde und ihm das Geld für die Notversorgung fehlte, wurde ihm im Krankenhaus die Behandlung verweigert. Noch lange litt er unter den Spätfolgen der Verletzung.
Die darauf folgenden Ermittlungen blieben – trotz Zeug:innenaussagen und Fotos – ergebnislos. Augenzeug:innen des Vorfalls kritisierten, dass die Polizei die Ermittlungen sogar absichtlich behinderte. Von Unbekannten erstellte „Fahndungsplakate“, welche Bilder des Einsatzes zeigten – unter anderem auch davon, wie drei Beamte auf dem Rücken des betroffenen Mannes sitzen – wurden hingegen strafrechtlich verfolgt.