Der Bundestag hat im Eilverfahren eine Verschärfung des Paragraphen zur Volksverhetzung beschlossen. Dabei wird betont, dass dieser Schritt nichts mit dem Ukraine-Krieg zu tun habe. Aber stimmt das wirklich? – Ein Kommentar von Julius Strupp
Am vergangenen Donnerstag hat der Bundestag im Eilverfahren den Paragraphen 130 des Strafgesetzbuchs verschärft, der den Straftatbestand der Volksverhetzung unter Strafe stellt. Dazu wurde ein entsprechender Gesetzesentwurf der Ampel-Koalition im Parlament angenommen.
Demzufolge sollen künftig „Billigung, Leugnung und gröbliche Verharmlosung von Völkermorden, Verbrechen gegen die Menschlichkeit und Kriegsverbrechen“ explizit unter Strafe stehen. Entsprechende Äußerungen müssten zudem dazu geeignet sein, den öffentlichen Frieden zu stören oder zu Hass und Gewalt aufzustacheln.
Kein Zusammenhang mit dem Ukraine-Krieg?
Von Seiten der Regierung wird dabei betont, dass es sich lediglich um eine Reaktion auf ein im letzten Dezember von der EU-Kommission vom Zaun gebrochenes Vertragsverletzungsverfahren handele. Die Kommission hatte bemängelt, dass die Bundesrepublik einen Rahmenbeschluss zur Bekämpfung bestimmter Formen von Rassismus und Fremdenfeindlichkeit nicht umsetze.
Man habe lediglich eine klarere Formulierung geschaffen, die mit dem Ukraine-Krieg nichts zu tun habe. „Die Gesetzesänderung führt nicht zu einer Verschärfung“, so Sonja Eichwede, rechtspolitische Sprecherin der SPD-Fraktion.
Tatsächlich ist die Lage aber etwas komplizierter: Der EU-Rahmenbeschluss hatte nämlich beispielsweise freigestellt, nur die Billigung solcher Kriegshandlungen unter Strafe zu stellen, deren Charakter als Kriegsverbrechen bereits durch internationale Gerichte festgestellt worden ist.
Mit der Verschärfung wird allerdings jetzt Staatsanwält:innen und Richter:innen In Deutschland in Zukunft mehr oder weniger freie Hand gelassen.
Worum geht es wirklich?
Damit ist man auch am Kern der Sache angelangt. Denn es geht dem deutschen Gesetzgeber hier nicht darum, die Bestrafung bei der Billigung von Kriegsverbrechen – etwa der eigenen im zweiten Weltkrieg – auszuweiten. Stattdessen dürfte es sich um einen weiteren kriegsvorbereitenden Schritt halten.
Denn wenn deutsche Richter:innen und Staatsanwält:innen entscheiden können, was ein Kriegsverbrechen oder ein Völkermord ist, dürften das vor allem die Verbrechen imperialistischer Konkurrent:innen wie Russland oder China sein und nicht die eigenen. Damit reiht sich dieser Schritt in eine Reihe ähnlicher Maßnahmen ein, etwa die Bekämpfung der „Feindsender“ Russia Today oder Sputnik, und soll in Deutschland zukünftig eine Parteinahme für die Konkurrenz erschweren.
Zudem ist es auch denkbar, dass der Paragraph sehr dehnbar ausgelegt werden wird und politische Kräfte trifft, die sich weigern, sich in zwischen-imperialistischen Konflikten auf die Seite des deutschen Kapitals zu stellen – ohne dabei die andere Seite zu verteidigen.