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Donnerstag, März 28, 2024
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    Innenministerkonferenz plant schärfere strafrechtliche Verfolgung bei Bestrebungen für ein befreites Palästina

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    In einem Bericht zum Thema „Handlungsbedarf aufgrund zunehmender antisemitischer und antiisraelischer Hetze vor dem Hintergrund des Nahost-Konflikts“ (Stand September 2022) legt die Innenministerkonferenz Maßnahmen zur Antisemitismus-Prävention in Deutschland vor. Neben einer nationalistisch ausgerichteten Bildungskampagne soll es eine neue rechtliche Regelung für polizeiliche Maßnahmen geben, die sich gegen die palästinensische Befreiungsbewegung richten. – Ein Kommentar von Ronya Collin.  

    Jede Äußerung für das Recht der Palästinenser:innen auf nationale Selbstbestimmung sei eine antisemitische Bestrebung mit dem Ziel, den israelischen Staat zu zerstören – so stellt es die Innenministerkonferenz in ihrem Bericht dar. Der Bericht greift nicht nur massiv die kontroverse palästinensische BDS-Bewegung (Boykott, Desinvestitionen und Sanktionen gegen Israel für Palästina) an, sondern auch die Menschenrechtsorganisation “Amnesty International”, die Israel als Apartheid-Staat einordnet.

    Kriminalisierung historischer Karten

    Pro-palästinensische Aktivist:innen wie von „Palästina Spricht“, die auf rassistische Unterdrückung von Palästinenser:innen aufmerksam machen und sich gegen den israelischen Siedlungsbau auf palästinensischen Gebieten positionieren, drohen bald massive Repressionen: Im Bericht werden hier konkret höhere Auflagen für Versammlungen, Versammlungsverbote bis hin zu Vereins- und Betätigungsverboten angekündigt. Selbst das Rufen der Parole „From the River to the Sea, Palestine Will Be Free“ oder das Abbilden von Karten des historischen Palästinas sollen strafrechtlich verfolgbar werden können.

    Schon seit einem Bundestagsbeschluss von Mai 2019, gegen die BDS-Bewegung vorzugehen, wird das Recht pro-palästinensischer Aktivist:innen zur freien Meinungsäußerung massiv eingeschränkt. Laut deutschen Gerichten und dem Europäischen Gerichtshof ist dieses Vorgehen jedoch ein Verstoß gegen ein Grund- und Menschenrecht.

    Hufeisentheorie im Bericht

    Noch dazu ist der Bericht der Innenministerkonferenz in vielen Stellen irreführend: Er setzt linken Aktivismus mit Rechtsextremismus und Nationalismus gleich und nennt Kritik an der Apartheid des israelischen Staats direkt neben Gewalt gegen Jüd:innen in Deutschland. Der Angriff gegen einen imperialistischen Staat soll damit als Angriff gegen eine ganze Bevölkerungsgruppe und damit als rassistisch dargestellt werden.

    Dabei zeigt die Gleichsetzung von Antiimperialismus und Antisemitismus ein tief verwurzeltes nationalistisches Denken des deutschen Staats und verhindert eine Lösung der nationalen Frage in Israel und Palästina. So folgt der deutsche Staat der zionistischen Ideologie, dass nämlich Jüd:innen nicht mit anderen Völkern zusammenleben könnten und unterstützt damit die Kolonisierung des palästinensischen Volkes.

    Diese Ideologie ist ein deutlicher Widerspruch zu dem Anspruch des deutschen Staats, mit seiner Anti-Semitismus-Bekämpfung gegen Rechtsextremismus vorgehen zu wollen – ganz eigentlich wird hier gegen fortschrittliche, antikapitalistische Kräfte vorgegangen, die eine echte demokratische und friedliche Lösung anstreben.

    Der Antisemitismus-Begriff des deutschen Staats wird also immer häufiger als Waffe genutzt, um einen Kolonialstaat und dessen aggressive Erweiterung im Nahen Osten zu rechtfertigen. Rechte Organisationen in der Bundesrepublik selbst und deren Antisemitismus geraten dabei völig aus dem Sichtfeld.

    Über die häufigen Morde an Palästinenser:innen, die durch israelische Militäreinsätze allein in diesem Jahr 218 Mal – und damit jeden zweiten Tag – passieren, wird gleichzeitig hinweggesehen. Wie zuletzt beim Mord an der 16-jährigen Palästinenserin Jana Majdi Zakarneh, die in Dschenin im Westjordanland am vergangenen Sonntag vom israelischen Militär durch vier Schüsse getötet wurde – weil sie ihre Katze auf einem Hausdach suchte.

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