In Nepal tritt Pushpa Kamal Dahal seine dritte Amtszeit als Premierminister an. In den Medien heißt es, ein Kommunist sei nun an der Macht. Aber stimmt das? Ein Kommentar von Andreas Becker
In Nepal wurde der frühere maoistische Revolutionär Pushpa Kamal Dahal, besser bekannt unter seinem Kampfnamen Prachanda, als neuen neuer Premierminister vereidigt. Der 68-Jährige ist damit das dritte Mal Premierminister des Landes und das, obwohl seine Partei bei der letzten Wahl nur 11% der Stimmen erhalten hatte. Nun steht er vor der Aufgabe das Land, welches 13 Premierminister in 16 Jahren vorzuweisen hat, zu führen.
In den bürgerlichen Medien wird dabei viel seine revolutionäre Vergangenheit betont. Doch welche Rolle wird diese in seiner Regierungszeit spielen und darf das nepalesische Volk darauf hoffen, dass seine Interessen von seiner Regierung vertreten werden?
Wer ist Prachanda?
Prachanda stammt aus einer armen Bauernfamilie und arbeitete als Lehrer. 1989 wurde er Generalsekretär der Kommunistischen Partei von Nepal (Mashal). Mit dieser Partei arbeitete er dann 1991 in einer Koalition aus verschiedenen sich auf den Kommunismus berufenden Parteien, die bei den Wahlen 1991 die drittstärkste Kraft im nepalesischen Parlament wurde.
Damals wie heute war Nepal eines der ärmsten Länder der Welt, die Lage der Frauen war schlecht und die Bevölkerung wurde auch von feudalen Überresten und der Ausbeutung durch Ausländische Mächte geplagt. Innerhalb der Koalition kam es jedoch zu Meinungsverschiedenheiten darüber, wie diese Probleme zu lösen waren.
Die Zeit des revolutionären Kriegs
Prachanda führte damals eine Gruppe an, die der Meinung war, dass dies nicht im Parlament möglich sei und für eine sofortige bewaffnete Revolution plädierte. Aus dieser Gruppe entwickelte sich die, durch Prachanda angeführte Kommunistischen Partei Nepals (Maoistisch), die im Jahr 1996 einen Volkskrieg gegen die nepalesische Monarchie, mit dem Ziel eine Demokratische Revolution durchzuführen und Nepal von Monarchie, Feudalismus und ausländischen Mächten zu befreien, begonnen hatte.
Die damaligen Ziele der Partei wurden vor allem von der armen Landbevölkerung geteilt, die am heftigsten unter feudaler Ausbeutung zu leiden hatte. Auch Frauenbefreiung gehörte zu den Zielen der KPN(M), was das zu führte, dass auch Frauen zu großen Teilen in den bewaffneten Arm der Partei eintraten und sich am Volkskrieg beteiligten. Von 1996 bis 2006 schaffte es die KPN(M), große Teile des Landes dem Machtbereich des nepalesischen Staats zu entreißen.
Die Niederlage der Revolution und Prachandas Weg in die bürgerliche Politik
Sie scheiterten allerdings daran die großen Städte einzunehmen. In dieser Pattsituation erklärte sich die Regierung bereit, die Angebote der Maoist:innen für Verhandlungen anzunehmen. Die Monarchie wurde abgeschafft und Verfassungsgebende Versammlung wurde abgehalten. Und bei den ersten Wahlen wurde auch Prachandas KPN(M) zur Überraschung einiger westlichen Beobachter stärkste Kraft.
Doch anders als ihr der Parteiname vermuten ließ hat die Politik der Partei, relativ wenig mit der des chinesischen Revolutionärs Mao Zedong gemein, auf den sie sich zumindest ideologisch beruft. Ihre Politik könnte bestenfalls sozialdemokratisch genannt werden.
Die Verhandlungen mit der Regierung haben die Ziele der Revolution nämlich nicht verwirklicht, sondern die ehemaligen Revolutionär:innen um Prachanda in den Staatsapparat Nepals integriert – ganz ähnlich, wie viele grüne Regierungspolitiker:innen in der BRD auch eine revolutionäre Vergangenheit vorzuweisen haben.
Alles bleibt beim Alten
Tatsächlich hat Prachanda fast keine der Versprechen, die er den Armen Bäuer:innen gegeben hatte, gehalten. Als erstes lösten die Maoist:innen ihre Volkbefreiungsarmee in die Armee des nepalesischen Staats auf, gegen die sie Jahre lang bekämpft hatten. Prachanda und seine Partei bildeten eine Koalition mit den Parteien, die zuvor die Regierung des Königs gebildet hatten. Von den einstiegen Zielen der Partei blieb nur wenig übrig es gab keine nennenswerte Landreform, Frauen haben immer noch unter patriarchaler Gewalt zu leiden, vor allem Menschenhandel, und Nepal bleibt genauso abhängig vom Ausland zur Zeit der Monarchie.
Prachandas heutige Partei die Kommunistische Partei Nepals (Maoistisches Zentrum), entstand aus der KPN(M) und ist das Ergebnis einer komplizierten Reihe von Vereinigungen und Brüchen verschiedener Parteien. Zu erwarten ist mit dem Machtantritt Prachandas also keine Revolution, sondern ein „Weiter so“ wie bisher, so wird zum Beispiel erwartet das Prachanda die Beziehung zum Nachbar China weiter ausbaut, der die Monarchie im Krieg gegen die werktätige Bevölkerung und die Revolutionär:innen mit Waffen beliefert hatte.