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Donnerstag, März 28, 2024
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    Besseres Verhandlungsgeschick kein Grund für bessere Bezahlung männlicher Beschäftigter

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    Das Bundesarbeitsgericht (BAG) hat einer Frau den Differenzbetrag zu ihrem Kollegen zugesprochen: Er hatte für die gleiche Arbeit im Betrieb 1.000 Euro mehr monatliches Gehalt bekommen. 

    Am Donnerstag, den 17. Februar 2023 fällte das Bundesarbeitsgericht (BAG) ein wegweisendes Urteil (Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 16. Februar 2023, Az. 8 AZR 450/21) zum Equal-Pay-Grundsatz. Laut statistischem Bundesamt haben Frauen in Deutschland 2022 immer noch durchschnittlich 4 Euro brutto weniger die Stunde als Männer verdient.

    Weniger Geld für dieselbe Arbeit

    Die Klägerin Susanne D. ist seit März 2017 als Außendienstmitarbeiterin im Vertrieb eines Metallunternehmens in der Nähe von Dresden zu einem Grundgehalt von 3.500 Euro brutto angestellt. Dieses erhöhte sich infolge eines Haustarifvertrag ab August 2018 auf 3.620 Euro brutto.

    Ein Kollege, der im Januar auf derselben Stelle angefangen hatte, lehnte in den Gehaltsverhandlungen dasselbe Gehalt ab und wurde infolgedessen während der Einarbeitungszeit für 4.500 Euro brutto angestellt. Nach einem Jahr glich sich sein Gehalt mit 3.500 Euro brutto an Susannes zunächst an, bis der männliche Kollege im August 2018 eine Gehaltserhöhung auf 4.000 Euro brutto erhielt.

    Susanne D. verklagte wegen dieser Ungleichbehandlung ihren Arbeitgeber auf Zahlung rückständiger Vergütung von insgesamt 14.500 Euro brutto.

    Gerichtsverfahren vor dem BAG

    Im Mittelpunkt der Frage stand, ob das bessere Verhandlungsgeschick des männlichen Kollegen ein rechtlich geeignetes Kriterium für Lohnungleichheit darstellt. Sowohl das Arbeitsgericht als auch das Landesarbeitsgericht folgten zunächst der Argumentation des Arbeitgebers. Erst in der Revision vor dem Senat des BAG hatte die Frau Erfolg. Der Umstand, dass sie für dieselbe Arbeit weniger Gehalt bekomme, begründe die Vermutung, dass die Benachteiligung aufgrund ihres Geschlechts erfolgte.

    Daher stehe ihr ein Anspruch aus Art. 157 AUEV, § 3 Abs. 1 und 7 EntgTranspG in der Höhe des Differenzbetrags zu ihrem männlichen Kollegen zu. Ein besseres Verhandlungsgeschick widerlege die Vermutung nicht, wenn beide Personen im Betrieb dieselben Aufgaben und Verantwortungen übernehmen. Allein objektive Gründe wie Qualifikation und Berufserfahrung könnten eine unterschiedliche Bezahlung rechtfertigen.

    Daneben wurde ihr eine Entschädigung wegen der Geschlechterdiskriminierung in Höhe von 2.000 Euro zugesprochen.

    Lohnungleichheit in Deutschland

    Die Prozessbevollmächtigte Sarah Lincoln von der Gesellschaft für Freiheitsrechte stellte heraus, dass der gesetzlich normierte Anspruch auf gleichen Lohn nun nicht mehr wegverhandelt werden könne. In der Realität können jedoch keine großen Änderungen erwartet werden.

    Zwar besteht schon seit 2017 ein Anspruch auf Auskunft über die Lohnzahlung anderer Beschäftigter im Betrieb – allerdings begrenzt auf Betriebe, die mehr als 200 Beschäftigte haben und mindestens sechs vergleichbare Beschäftigte. Aus diesem Grunde schon werden Frauen oft einfach nicht wissen, inwiefern sie im Datail wirklich weniger Geld als ihre männlichen Kollegen verdienen, und können dementsprechend keinen Anspruch geltend machen.

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